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05.12.2011

Angeblicher Behandlungsfehler eines Chirurgen: HÖCKER erwirkt Verbot der identifizierenden Berichterstattung über den Arzt. Bloße Abkürzung des Nachnamens genügt nicht.

In zwei Entscheidungen (vom 28.10.2011, Az: 28 O 869/11, und vom 09.11.2011, Az: 28 O 914/11) untersagte das Landgericht Köln zwei Verlagen, in identifizierender Art und Weise über einen Arzt zu berichten. Gegen den Arzt, der auch als Chirurg tätig ist, war ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen eines angeblichen Behandlungsfehlers eingeleitet worden. Der Ausgang dieses Verfahrens ist völlig offen, insbesondere steht nicht fest, ob es überhaupt zu einer Anklage kommen wird.

Vor diesem Hintergrund besteht kein Interesse an einer Identifizierbarmachung des betroffenen Arztes. Durch eine solche Berichterstattung würde vielmehr eine Stigmatisierung eintreten, die selbst im Fall der Einstellung des Verfahrens oder des Freispruchs nicht wieder gut zu machen wäre. Auf Antrag von HÖCKER stellte das Landgericht Köln daher fest, dass eine identifizierende Berichterstattung unzulässig war und untersagte diese.

Im Verfahren 28 O 869/11 wurde es dem betroffenen Verlag zudem verboten, interne Details aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu veröffentlichen.

Beide Entscheidungen des Landgerichts Köln, die im Wege einer einstweiligen Verfügung ergangen sind, wurden von den Verlagen mittlerweile als endgültige Regelungen anerkannt und sind damit rechtsverbindlich.

08.12.2011

Prof. Höcker spricht beim "2. Erfahrungsaustausch der Kölner Juristen in Stadt und städtischen Gesellschaften" zum Thema "Muss man sich alles gefallen lassen? Wo hört Pressefreiheit auf, wo fängt Persönlichkeitsschutz an?"

Auf Einladung der städtischen Juristen in den Ämtern und Gesellschaften der Stadt Köln spricht Prof. Dr. Ralf Höcker heute um 16 Uhr im Rathaus/Spanischer Bau der Stadt Köln zum Thema:

"Muss man sich alles gefallen lassen? Wo hört Pressefreiheit auf, wo fängt Persönlichkeitsschutz an?"

Öffentliche Institutionen sehen sich vermehrt öffentlicher Kritik ausgesetzt. Wo ist die Grenze zulässiger Kritik? Wie kann man sich gegen unzulässige Kritik wehren? Welche begleitenden Maßnahmen der Pressearbeit sind notwendig?

Der Referent Rechtsanwalt Prof. Dr. Höcker berät Unternehmen, Behörden, Verbände und Persönlichkeiten im Marken- und Medienrecht. Aktuell unterstützt er u.a. die Sparkasse einer Großstadt bei der Abwehr negativer Presse im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen das Institut sowie eine IHK bei der Abwehr von Berichten, in denen der IHK-Vorsitzende angegriffen wird. Zudem wird er am Beispiel einer Kommune darstellen, was man gegen die Weiterleitung geheimhaltungsbedürftiger Informationen aus nicht-öffentlichen Sitzungen der politischen Gremien der Stadt an die Lokalpresse unternehmen kann.

11.12.2011

Kachelmann ./. Staatsanwältin Freudenberg: Auch Streitwertbeschwerde der Verfügungsbeklagten erfolglos. Interessante Ausführungen des OLG Köln zum Gegenstandswert in Online- und Printveröffentlichungen.

Das Landgericht Köln hatte eine einstweilige Verfügung gegen die Göttinger Staatsanwältin Dagmar Freudenberg erlassen, die in einem Artikel in der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung von der "Geschädigten im Kachelmann-Prozess" gesprochen hatte (LG Köln, Az. 28 O 617/11 - vgl. Pressemitteilung vom 03.08.2011). Damit hatte sie den falschen Eindruck erweckt, der - freigesprochene - frühere Angeklagte Kachelmann sei Täter einer Sexualstraftat. Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten Freudenberg gegen die einstweilige Verfügung blieb erfolglos (vgl. Pressemitteilung vom 19.10.2011).

Der Verfügungsbeklagten wurden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit einer Streitwertbeschwerde wandte sie sich gegen den mit Beschluss des Landgerichts vom 03.11.2011 festgesetzten Streitwert von 20.000 EUR und beantragte dessen Herabsetzung auf 7.000 EUR.

Das OLG Köln wies die Streitwertbeschwerde mit Beschluss vom 06.12.2011 nun zurück (OLG Köln, Az. 15 W 76/11). Es bezeichnete eine Bewertung von Kachelmanns Unterlassungsinteresse mit 20.000 EUR als angemessen.

Interessant sind die Ausführungen des OLG Köln zum Verhältnis des Streitwerts von Veröffentlichungen in Printmedien und im Onlinebereich. Traditionell werden die Gegenstandswerte von Online-Veröffentlichungen niedriger bewertet als die Gegenstandswerte im Printbereich. Diese Rechtsprechung ist seit langem nicht mehr haltbar, da Veröffentlichungen im Internet aufgrund ihrer größeren Verbreitung und ihrer dauerhaften problemlosen Auffindbarkeit längst gravierender sind als Veröffentlichungen in Printmedien, deren Auflagen angesichts der Konkurrenz im Internet ständig zurückgehen.

Das OLG Köln führt hierzu nun in einem obiter dictum aus:

"Dabei kann es dahinstehen, ob von Online-Veröffentlichungen ausgehende Beeinträchtigungen wegen ihres gegenüber Printmedien regelmäßig geringeren Verbreitungsgrades generell hinter Print-Veröffentlichungen zurückbleiben, und dies mit der grundätzlich niedrigeren Bewertung des Gegenstandswerts von gegen Online-Berichterstattungen gerichteten Unterlassungsbegehren zum Ausdruck zu bringen ist. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass eine solche - generalisierende - Betrachtungsweise jedenfalls in den Fällen nicht angebracht erscheint, in denen sich die Öffentlichkeit über einen längeren Zeitraum mit einem Ereignis von hohem Aufmerksamkeitswert auseinandersetzt und sich das Interesse hieran immer wieder neu belebt, was die Neigung befördert, auch nicht mehr tagesaktuelle, indes noch zum Aufruf bereitgehaltene Berichte in Online-Medien abzurufen mit der Folge, dass die zunächst zahlenmäßig geringere Verbreitung der rechtsverletzenden Berichterstattung wegen der längerfristigen Abrufbarkeit eine nicht unbeachtliche Perpetuierung der Rechtsverletzung bewirkt, die den im Vergleich gegenüber Print-Medien anfänglich niedrigeren Verbreitungsgrad kompensieren kann. Im vorliegend zu beurteilenden Fall kann dies jedoch offenbleiben, weil der tatsächliche Verbreitungsgrad einer als persönlichkeitsrechtsverletzend angegriffenen Äußerung nur ein Kriterium darstellt, das in die anhand sämtlicher, im Rahmen von § 48 Abs. 2 GKG heranzuziehenden Umstände vorzunehmende Gesamtabwägung einfließt, um das Unterlassungsinteresse zu bestimmen."

Im Folgenden stellt das OLG Köln auf einen solchen entscheidenden Umstand ab. Es weist darauf hin, dass der von der Verfügungsbeklagten hervorgerufene Eindruck, Herr Kachelmann sei Täter einer Sexualstraftat von gravierendem Gewicht sei und einen schweren Angriff auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht darstelle.

RA Prof. Dr. Ralf Höcker:

"Es ist anachronistisch, Internetmedien immer noch eine geringere Bedeutung beizumessen als Printmedien. Das Internet hat den Printbereich längst als die relevanteste Informationsquelle abgelöst. Dem tragen die Gerichte bei der Bemessung der Streitwerte in Gerichtsverfahren bisher nur zögerlich Rechnung. Umso richtiger ist der Beschluss des OLG Köln in Sachen Kachelmann ./. Freudenberg, in dem es die Bedeutung der Informationsquelle Internet anerkennt."

13.12.2011

Jörg Kachelmann muss sich von Rapper nicht beleidigen lassen À“ Kool Savas zur Zahlung von 10.000 EUR Schmerzensgeld verurteilt.

Während mehrerer Konzerte und in seinem Internetforum hatte der Rapper Kool Savas Jörg Kachelmann massiv beleidigt. Obwohl er eine Unterlassungserklärung abgab, löschte er nicht sämtliche Beleidigungen in seinem Internetforum sondern nutzte die rechtliche Auseinandersetzung zu Publicity-Zwecken, etwa in einer Musik-Zeitschrift.

Die nachhaltigen und mit System betriebenen Persönlichkeitsrechtsverletzungen wogen nach Ansicht des Landgerichts Berlin (Urt. v. 15.11.2011, Az: 27 O 393/11) so schwer, dass es Kool Savas zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von EUR 10.000,00 an Jörg Kachelmann verurteilte. Zudem muss Kool Savas eine Vertragsstrafe leisten und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstatten. Das Landgericht Berlin wies darauf hin, dass die beleidigenden Äußerungen nicht der verfassungsrechtlich geschützten Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG unterfielen und keine eigene freie schöpferische Leistung darstellten. Die Einschränkung seiner künstlerischen Leistung wiege allenfalls minimal. Bei der Bemessung der Geldentschädigung berücksichtigte das Landgericht Berlin vor allem die permanente vorsätzliche Herabwürdigung von Jörg Kachelmann.

Bedeutsame Feststellungen trifft das Landgericht hinsichtlich Einträgen in Internetforen, wonach zwischen einer - in Foren üblichen - lautmalerischen und der “korrekten” Schreibweise eines Wortes kein Unterschied besteht, so dass auch die abgewandelte Form von einer Unterlassungserklärung gedeckt sei. Zudem bestätigt das Landgericht, dass bei einer verspätet abgegebenen Unterlassungserklärung auch die entstandene Verfahrensgebühr zu erstatten ist, selbst wenn es nicht zu einem Gerichtsverfahren kommt.

21.12.2011

HÖCKER verteidigt Ansprüche von Fotografen gegen die unrechtmäßige Verwertung ihrer Fotos durch eine Bildagentur.

HÖCKER hat erfolgreich die Urheberrechte zweier Fotografen gegen eine Bildagentur verteidigt. Die Fotografen hatten Fotos der Eigentumswohnung des Fernsehmoderators Kachelmann erstellt, damit diese für die Bebilderung eines Verkaufsexposés verwendet werden konnten. Eine Fotoagentur meinte, die Fotografien deshalb vermarkten zu können und veräußerte Verwertungsrechte an zahlreiche Tageszeitungen und RTL. Dabei argumentierte die Bildagentur, dass die Ansprüche der Fotografen durch die Veröffentlichung der Fotografien in Exposés zur Wohnungsvermarktung verwirkt seien. Diese öffentliche Verwertung habe dazu geführt, dass jedermann die Fotos nun verbreiten dürfe.

Mit Urteil des LG Köln vom 21.02.2012 (Az. 33 O 55/11) wurden Auskunfts- und Schadensersatzansprüche der Fotografen bejaht. Ein Recht zur Verwertung von Fotografien stehe ausschließlich demjenigen zu, der entsprechende Verwertungsrechte von den Fotografen erwirbt.

22.12.2011

Strafverfahren und internes Untersuchungsverfahren einer deutschen Universität gegen Professor: HÖCKER erwirkt für Hochschullehrer weitere einstweilige Verfügung gegen identifizierbarmachende Berichterstattung durch BILD.

Ein deutscher Universitätsprofessor kämpft mit HÖCKER weiterhin erfolgreich gegen die Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte durch die Bild-Zeitung. Bild hatte über ein internes Untersuchungsverfahren einer Universität wegen eines gegen den Hochschullehrer laufenden Strafverfahrens berichtet. In dem Strafverfahren muss sich der Professor Vorwürfen stellen, deren Richtigkeit er bestreitet.

Mit einstweiliger Verfügung vom 16.12.2011, Az. 28 O 1071/11, hat das LG Köln der Bild-Zeitung verboten, über diese internen Untersuchungen so zu berichten, dass der Universitätsprofessor dabei für den Leser erkennbar wird.

RA Dr. Carsten Brennecke:

"Wenn Vorwürfe gegen einen Menschen sich nachträglich als falsch herausstellen, ist er dennoch irreparabel beschädigt, wenn die Presse zuvor über das Verfahren berichtet hat und den Betroffenen nicht unkenntlich gemacht hat. Denn irgendetwas bleibt immer hängen. Die Medien sind deshalb grundsätzlich verpflichtet, Personen unkenntlich zu machen, gegen die ein Ermittlungs- oder Strafverfahren läuft. Gerade BILD ignoriert diese Verpflichtung häufig und muss immer wieder durch die Pressekammern der Gerichte in die Schranken verwiesen werden."

23.12.2011

Alice Schwarzer hat nichts verstanden: Zweifel sind keine Restzweifel und das LG Mannheim hat nicht gesagt, dass Kachelmann höchstwahrscheinlich schuldig sei - LG Köln erlässt Verfügung gegen Schwarzers verleumderische Urteilsinterpretation.

In der aktuellen EMMA beschreibt Alice Schwarzer den Fall Kachelmann als einen "Meilenstein in der deutschen Rechtsprechung" und zwar unter anderem "in Bezug auf die Beeinflussung, ja Manipulation von Medien und Justiz durch die so genannte Litigation PR". Meister der Litigation-PR manipulierten die Medien. Sogar Journalisten, so Frau Schwarzer, scheinen selbst Teil der "Litigation-Kampagnen" zu sein. Im Fall Kachelmann zum Beispiel sei es seinen Beratern innerhalb weniger Monate gelungen, aus dem Angeklagten

"ein von rachsüchtigen Frauen verfolgtes
Unschuldslamm zu machen. Freispruch."

So einfach geht das also in den Augen der Verschwörungstheoretikerin Alice Schwarzer: Medienanwälte und Strafverteidiger verbünden sich mit willfährigen Journalisten und manipulieren mal eben Medien, Öffentlichkeit und Justiz. Schon gibt es einen Freispruch.

Und wie funktioniert eine solche Verschwörung? Auch das erklärt Frau Schwarzer. Zur Manipulation der Öffentlichkeit habe es gehört, ihr, die es als eine der wenigen "gewagt" habe, eine "andere Meinung zu vertreten" , das Wort im Munde herumzudrehen. (Zur Berechtigung dieses Vorwurfes verweisen wir auf unsere Pressemitteilungen hier , hier , hier , hier , hier , hier , hier , hier , hier und hier  sowie auf diesen äußerst instruktiven TV-Beitrag.) Gerade erst sei wieder eine "absurde Abmahnung" der Kanzlei HÖCKER wegen eines Interviews auf ihrem Tisch gelandet, in dem sie sich zum Kachelmann-Prozess geäußert hatte.

Diese Abmahnung betraf ein Interview, in dem die Nachwuchs-Gerichtsreporterin Alice Schwarzer zum wiederholten Male unter Beweis stellte, dass sie nichts von dem verstanden hat, was im Mannheimer Gerichtssaal vor sich ging. Denn Frau Schwarzer behauptete in der SWR-Sendung "Leute":

"Der Richter hat gesagt: Wir haben Restzweifel an der Schuld. Das heißt, wir sind überwiegend von der Schuld überzeugt, bleiben aber Restzweifel.

In tieferer Kenntnis des Falles komme ich zum selben Schluss wie das Gericht: Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass er es war."

Frau Schwarzers Annahme, dass sie eine "tiefere Kenntnis" vom Fall Kachelmann habe, gründet im günstigsten Fall auf einer deutlichen Selbstüberschätzung. Von den entscheidenden Sitzungen der über 40 Hauptverhandlungstage war die Öffentlichkeit, also selbst Frau Schwarzer, ausgeschlossen. Von den öffentlich zugänglichen Sitzungen hat Frau Schwarzer entgegen dem Eindruck, der durch ihre BILD-Kolumne entstand, viele "geschwänzt" und sich von den BILD-Reportern vor Ort über die vermeintlichen Vorgänge im Gerichtssaal instruieren lassen.

Keinem Juristen und keinem versierten Gerichtsreporter wäre es eingefallen, eine derart hanebüchene Interpretation des Mannheimer Freispruchs von sich zu geben, wie die, die Frau Schwarzer den Richtern in den Mund legte. Und mit "In-den-Mund-Legen" ist nicht das gemeint, was Frau Schwarzer anderen vorwirft, wenn sie von "Worte-im-Munde-Herumdrehen" spricht. Frau Schwarzer dreht den Richtern nicht lediglich Worte im Munde herum, sondern sie ersinnt Richterworte, die es nie gegeben hat.

Um es deutlich zu sagen:

Das Mannheimer Landgericht hat NICHT von bloßen Rest zweifeln an Kachelmanns Schuld gesprochen.

Es hat auch NICHT geäußert oder gar geurteilt, dass es "sehr wahrscheinlich" sei, dass Kachelmann die Tat begangen habe oder dass es "überwiegend von der Schuld überzeugt" sei.

Diese Aussagen mögen Alice Schwarzers persönliches Empfinden widerspiegeln. Dass sie von Anfang an voreingenommen war und sich selbst durch einen Freispruch in ihrer vorgefassten Meinung nicht hat beeindrucken lassen, haben ihr seriöse Journalisten mehrfach vorgeworfen. Die Urteilsinterpretation und vor allem konkrete Aussagen, die sie dem Gericht als schlechte Co-Verliererin dieses Prozesses nun unterschiebt, sind jedoch evident falsch und frei erfunden.

Das Gericht hat Herrn Kachelmann freigesprochen, weil es massive Zweifel an der Richtigkeit der Beschuldigungen hatte, die die mehrfach der Lüge überführte Nebenklägerin erhoben hatte. In der Urteilsbegründung, die der Öffentlichkeit nicht vorliegt, werden diese Zweifel in beeindruckender Weise beschrieben.

Alles andere als "absurd" war daher unsere Abmahnung, mit der wir Frau Schwarzer aufgefordert haben, dem Gericht keine falschen Aussagen zu Kachelmanns vermeintlicher Schuld mehr unterzuschieben. Frau Schwarzer hat sich geweigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, so dass es notwendig wurde, eine einstweilige Verfügung gegen sie zu beantragen. Das LG Köln hat es Frau Schwarzer auf Antrag von Jörg Kachelmann, vertreten durch HÖCKER, heute verboten, die von ihr erfundenen Aussagen der Mannheimer Richter erneut zu verbreiten (Einstweilige Verfügung vom 23.12.2011, Az. 28 O 1081/11).

Nachtrag vom 12.12.2013:

Alice Schwarzer hat im Laufe ihrer vor- und nachverurteilenden Berichterstattung über den Fall Kachelmann eine Vielzahl einstweiliger Verfügungen, Vertragsstrafen und gerichtlich verhängter Ordnungsgelder kassiert, die hier dargestellt sind:

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=269

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=260

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=246

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=226

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=186

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=131

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=127

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=126

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=69

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=76

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=99

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=71

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=72

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?i d=48

RA Prof. Dr. Ralf Höcker, LL.M. (IP) (London)

12.01.2012

Niederlage für GÜNTER WALLRAFF: Unterlassungserklärung vor Gericht wegen falscher Behauptungen über eine Großbäckerei und wegen vorverurteilender Schmähungen des früheren Bäckereigeschäftsführers (Vergleich im Verfahren LG Köln 28 O 999/11).

Terminsbericht zur mündlichen Verhandlung im Verfahren 28 O 999/11

Günter Wallraff hatte verdeckt in einer Großbäckerei gearbeitet und in einem Buch und mehreren Interviews über die Zustände berichtet, die er dort angeblich vorgefunden hatte. Vor allem hätten er und seine Kollegen sich in der Bäckerei an heißen Blechen verbrannt. HÖCKER vertrat im Verfahren die Interessen der mittlerweile in Liquidation befindlichen Großbäckerei und ihres früheren Geschäftsführers.

Dass sich Bäcker in dem Unternehmen unserer Mandanten, wie in jeder anderen Bäckerei, bei ihrer Arbeit Verbrennungen zuzogen, wurde von unseren Mandanten nie bestritten. Verbrennungen kommen in Bäckereien typischerweise vor. Es kann in der Praxis immer nur darum gehen, das Auftreten solcher unvermeidlichen Unfälle durch geeignete Schutzmaßnahmen (die vorliegend getroffen wurden) so gering wie möglich zu halten. Wallraffs Schilderungen wären also sehr unspektakulär gewesen, wenn er nur wahrheitsgemäß berichtet hätte, dass es auch in der Bäckerei unserer Mandanten zu solchen bäckereitypischen Unfällen kam. Möglicherweise veranlasste ihn dieser Umstand, seine Schilderungen massiv zu übertreiben und zum Teil auch schlichte Falschbehauptungen aufzustellen. Wallraffs Übertreibungen und die PR-Kampagne, die er zum Zwecke der Absatzförderung seines "Enthüllungsbuches" zu diesem Fall betrieb, führten im Ergebnis dazu, dass das Unternehmen seinen größten Kunden verlor. Die Bäckerei unseres Mandanten, ein Traditionsunternehmen, das in einem strukturschwachen ländlichen Raum seit über 110 Jahren Arbeitsplätze geschaffen und gesichert hatte, musste stillgelegt werden. Alle dort beschäftigten Kollegen verloren ihre Arbeit.

Im einstweiligen Verfügungsverfahren 28 O 999/11 vor dem LG Köln ging es nun um die Zulässigkeit einiger konkreter Äußerungen des Enthüllungsjournalisten. Die Bäckerei und ihr früherer Geschäftsführer verlangten, dass Wallraff diese falschen Äußerungen künftig unterlässt. Die mündliche Verhandlung vor dem LG Köln vom 06.01.2012 stieß auf ein großes Medieninteresse. Herr Wallraff nutzte sie während seiner Vernehmung, um sich immer wieder zu den Medienvertretern anstatt zum Gericht zu wenden, sein Buch zum Fall hoch zu halten und explizite Werbung dafür zu machen ("Das steht auch alles in meinem Buch!").

Die Verhandlung endete mit einem Vergleich, in dem Herr Wallraff sich verpflichtete, bis auf einen Teilaspekt alle von unseren Mandanten angegriffenen Äußerungen künftig zu unterlassen. Hierzu wurde er durch die Eingangsäußerung der Vorsitzenden Richterin veranlasst, die ihm deutlich gemacht hatte, dass er im Falle seines Nichteinlenkens jedenfalls teilweise mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen ihn hätte rechnen müssen. Die Parteien vereinbarten ausdrücklich, dass bestimmte deutlich abgeschwächte Formen dieser Vorwürfe nicht vom Unterlassungsgebot erfasst sind. Das bedeutet nicht, dass unsere Mandantin diese abgeschwächten Äußerungen teilt. Auch dies wurde in dem Vergleich festgehalten.

Der gerichtliche Vergleich lautete wie folgt:

I. Der Antragsgegner (also Günter Wallraff, Anm. d. Verf.) verpflichtet sich, bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe, die von den Gläubigern (d.h. von der Großbäckerei und ihrem früheren Geschäftsführer, Anm. d. Verf.) nach billigem Ermessen festzusetzen und im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, es zu unterlassen,

1. in Bezug auf die Firma (Unternehmensname anonymisiert) in Liquidation und/oder Herrn (Name des früheren Geschäftsführers anonymisiert) zu behaupten und/oder zu verbreiten und/oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen:

a) „Die Kollegen, mit denen ich dort arbeitete, wir hatten alle Verbrennungen“.

Die Unterlassungserklärung betrifft ausdrücklich nicht die Aussage, dass nach Auffassung des Antragsgegners (also von Günter Wallraff, Anm. d. Verf.) jedoch fast alle Kollegen Verbrennungen hatten. Die Antragsteller (also die Großbäckerei und ihr Gf., Anm. d. Verf.) bestreiten weiterhin die Richtigkeit auch dieser Behauptung.

b) „Die Anlage war so marode, da wurden keine Reparaturen aus Kostengründen (ausgeführt)“.

Der Antragsgegner ist jedoch der von den Antragstellern nicht geteilten Auffassung, dass diese Reparaturen „total unzureichend“ (so Wallraff) und „absoluter Murks“ (so Wallraff) waren;

c) dass es im Unternehmen der Antragstellerin zu 1) keinerlei Reparaturen, insbesondere in Form neuer Bleche gegeben habe.

Der Antragsgegner bleibt bei der von den Antragstellern nicht geteilten Aussage, dass während seiner einmonatigen Arbeitstätigkeit im Unternehmen keine neuen Bleche am Band zum Einsatz kamen,

2. der Antragsteller zu 2) entziehe sich bis heute einer Verurteilung.

II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben, genauso wie die Kosten des Vergleichs.

Besonders bemerkenswert war Wallraffs inzwischen verbotene Behauptung, der frühere Geschäftsführer "entziehe sich einer Verurteilung" - bemerkenswert deshalb, weil das Gericht dem Geschäftsführer bereits dreimal eine vollständige Einstellung des Verfahrens angeboten hat, wenn er eine Spende leistet (Einstellung nach § 153a StPO). Hätte unser Mandant dieses Angebot angenommen, wäre er nicht vorbestraft. Der Mandant bestand mangels jeglichen Tatverdachts jedoch auf einer Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO ohne die Auflage einer Spende. Da eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO ohne Zustimmung des Betroffenen nicht möglich ist, erließ das Gericht daraufhin einen Strafbefehl in Form einer Verwarnung unter Strafvorbehalt. Dies kommt einer "Geldstrafe auf Bewährung" gleich, stellt also die mildeste denkbare Form einer Bestrafung dar, gegen die unser Mandant derzeit weiterhin vorgeht. Damit ist jedoch immerhin klar, dass das Gericht der Angelegenheit keine hohe Bedeutung beimisst. Vor diesem Hintergrund ist die demagogische und vorverurteilende Behauptung Wallraffs, unser Mandant entziehe sich einer Verurteilung, geradezu grotesk. Wallraffs Aussage ist aber exemplarisch für die Art und Weise seines Vorgehens: Er bläst Petitessen, die das Gericht nach § 153a StPO gar nicht weiter verfolgen wollte, durch Übertreibungen und Falschbehauptungen zu einem absurden Popanz auf, den er dann öffentlichkeitswirksam prügelt, um seine Bücher besser verkaufen zu können.

Am 02.03.2011 hatte Wallraff übrigens schon einmal eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Darin verpflichtete er sich, unwahre Behauptungen nicht zu wiederholen, wonach Mitarbeiter der Großbäckerei einen Stundenlohn von lediglich sechs Euro erhalten hätten und im Extremfall bis zu 420 Stunden im Monat gearbeitet haben sollen. Zudem verpflichtete sich Wallraff, die falsche Äußerung zu unterlassen, in den Brötchenpackungen seien Fungizide enthalten gewesen und Brötchen seien so haltbar gemacht worden, dass sie nachher versteinerten. All diese Behauptungen waren falsch. Wallraff gab daher eine Unterlassungserklärung mit folgendem Inhalt ab:

Herr Günter Wallraff verpflichtet sich gegenüber der Firma (Unternehmensname)

1. es bei Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung zu zahlenden Vertragsstrafe, die von der Firma (Unternehmensname) festgesetzt wird und deren Höhe vom zuständigen Gericht überprüft werden kann, zu unterlassen, in Bezug auf die Firma (Unternehmensname) die nachstehenden Äußerungen und/oder Behauptungen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen und/oder zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen:

"Wir kriegten ja sechs Euro vielleicht die Stunde."

und/oder

"Und selbst hier die Kollegen, die konnten sich ja umsonst zwei Packungen mitnehmen, also es waren Fungizide drin. Es war haltbar gemacht, dass es nachher versteinerte."

und/oder

"Es kam vor, dass im Extremfall Kollegen 420 Stunden im Monat bis zum Umfallen arbeiteten."

Rechtsanwalt Prof. Dr. Ralf Höcker:

"Günter Wallraff stellt in seinen angeblichen Enthüllungsreportagen falsche und maßlos übertriebene Behauptungen auf. Damit macht er zwar seine Bücher spektakulärer und kann sie besser verkaufen. Auf der Strecke bleiben aber die Wahrheit, die betroffenen Unternehmen und in diesem Fall auch die dort beschäftigten Kollegen, die alle arbeitslos wurden."

16.01.2012

Rechtsanwalt muss falsche Behauptungen widerrufen: Treuhänderin eines großen Immobilienfonds wehrt sich mit HÖCKER erfolgreich gegen die Verbreitung von Unwahrheiten durch "Anlegerschutz"-Anwalt.

In zwei am 04.01.2012 verkündeten Urteilen des Landgerichts Köln wurde einem Berliner Rechtsanwalt die Verbreitung bestimmter falscher Behauptungen in Bezug auf die Treuhänderin eines großen geschlossenen Immobilienfonds verboten. Im Zuge einer Kampagne gegen den Geschäftsführer des Fonds hatte der Anwalt Unwahrheiten verbreitet, die ihm bereits im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden waren. Außerdem wurde der Gegner verpflichtet, auf seiner Internetseite einen Widerruf zu veröffentlichen. In den Urteilen wurde bestätigt, dass durch die falschen Behauptungen eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Treuhandgesellschaft eingetreten ist (LG Köln v. 04.01.2012, Az. 28 O 644/11 und 28 O 648/11).

19.01.2012

Kachelmann erfolgreich gegen RP Online wegen Verantwortlichkeit für Leser-Artikel im Forum OPINIO: RP Online muss Berufung zurücknehmen. OLG Köln: Berufung hatte keine Aussicht auf Erfolg. "OPINIO" inzwischen wegen "technischer Probleme" geschlossen.

Mit Schriftsatz vom 11.01.2012 hat die RP Online GmbH, die unter anderem die Online Ausgabe der Rheinischen Post betreibt, ihre Berufung gegen eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln (28 O 539/11) zurückgenommen. Unser Mandant Jörg Kachelmann setzte sich damit mit seiner Rechtsauffassung durch, dass RP Online für die Artikel seiner "Leser-Journalisten" haftet.

Die Idee klang einfach: Leser schreiben für RP Online kostenlos Artikel, die von professionellen Journalisten als redaktionellen "Hilfsarbeitern" nur noch redigiert und in ein RP-Online-kompatibles Layout umformatiert werden. RP Online stellt die "fremden" Artikel unter der Marke OPINIO anschließend als "Forenbetreiber", d.h. als bloßer Mittler ins Internet.

Vorteil Nr. 1: RP online spart sich das Honorar für Profi-Journalisten.

Vorteil Nr. 2: Als bloßer "Forenbetreiber" ist RP Online presserechtlich (vermeintlich) nicht für die "fremden" Artikel der Leser verantwortlich.

Das OLG Köln hat auf Betreiben unseres Mandanten Jörg Kachelmann nun festgestellt, dass Vorteil Nr. 2 keiner ist, weil RP Online sich keineswegs der Haftung für die angeblich nur vermittelten "fremden" Artikel seiner Leser entziehen kann. Es mache sich deren Artikel vielmehr zu eigen. Deshalb muss RP Online haften. Das Forum OPINIO wurde kurz nach Erlass des gerichtlichen Verbots (vorläufig) eingestellt.

Zur Vorgeschichte:

Das Landgericht Köln hatte es der RP Online GmbH am 08.07.2011 verboten, im Portal OPINIO einen Leser-Beitrag zu verbreiten, der den Unternehmer Jörg Kachelmann als Triebtäter und Prototyp eines Vergewaltigers verunglimpfte (wir berichteten hier).

RP Online legte Widerspruch gegen die Verfügung ein. Daraufhin kam es am 14.09.2011 zu einer mündlichen Verhandlung vor der Pressekammer des LG Köln. In der Verhandlung machte das Gericht klar, dass es die Verfügung gegen Opinio aufrecht erhalten wolle und kündigte die Verkündung eines entsprechenden Urteils für den 12.10.2011 an.

Gut zwei Wochen nach der Verhandlung und nur wenige Tage vor dem Erlass des erwartbaren Urteils stellte RP Online sein Portal OPINIO wegen "technischer Probleme" vorläufig ein. In einer Mitteilung des Chefredakteurs RP Online, Rainer Kurlemann, vom 04.10.2011 hieß es (Hervorhebungen durch uns):

"In eigener Sache

von OPINIO-Redaktion | OPINIO Redaktion |

Wie es mit Opinio weiter geht – eine Information für unsere User.

Liebe Freunde von Opinio,

in den vergangenen Wochen und Monaten hatten wir immer wieder Probleme mit der technischen Plattform von Opinio. Leider lassen sich diese Schwierigkeiten bedingt durch das Alter der Systeme nicht mehr beheben. Es ist deshalb an der Zeit eine moderne Lösung zu suchen.

Wir wollen Opinio weiterentwickeln und die Strukturen verbessern. Die regionalen Beiträge aus der Plattform "Leser für Leser" werden in der Zukunft enger mit dem Regional-Portal von RP Online verbunden – in den einzelnen Orten wird es dann Platz für Beiträge der Leser geben, die aus ihrem Leben in und mit der Stadt berichten. Auch das Vereinsportal soll nicht länger eine separate Plattform sein, sondern Bestandteil des Regionalportals werden.

So finden die Beiträge der Autoren einen besseren inhaltlichen Rahmen, mehr Aufmerksamkeit und viele neue Leser, die bisher www.opinio.de nicht genutzt haben. Wo es möglich ist, wird Opinio ein festerer Bestandteil von RPO. Die neue Plattform können wir nach der technischen Umstellung voraussichtlich im Frühjahr 2012 anbieten. Wir werden Sie rechtzeitig informieren.

Zusätzlich möchten wir allen Opinio-Autoren das Angebot machen, zusammen mit unserem Partner "Jimdo" ihre Artikel auf einer eigenen, kostenfreien Webseite zu veröffentlichen. Mit wenigen Klicks kann auch ein Laie dort eine persönliche Umgebung erstellen, die die eigenen Beiträge sehr gut präsentiert und einfach zu bedienen ist. Die Freigabe der Texte fällt damit weg - die Opinio-Autoren bekommen mehr Eigenständigkeit.

Mit "Jimdo" haben wir einen starken Partner gefunden, in dem Sie in Zukunft alle Beiträge als eigenes Blog ins Netz stellen können. Die neuen Seiten bei "Jimdo" stehen ab dem 5. Oktober zur Verfügung. Wenn Sie dann Opinio im Internet aufrufen, werden Sie automatisch auf die Seite unseres Partners weitergeleitet.

Die Autoren können noch bis zum 30. November 2011 über diesen Link http://www.rp-online.de/hps/client/opini... auf Ihr OPINIO-Konto zugreifen und die Texte von dort per "copy und paste" sichern. Eine automatische Übernahme von Texten können wir leider nicht einrichten. Im Dezember wird die bisherige Opinio-Plattform dann abgeschaltet.

Wir bedanken uns für das Vertrauen und die teils langjährige Mitarbeit bei Opinio. Leider ist es durch die technischen Probleme der Plattform nicht mehr möglich, das Angebot in der bisher gewohnten Form weiterzuführen.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Kurlemann
Chefredakteur RP Online"

Sechs Tage nach dieser Mitteilung erließ das LG Köln erwartungsgemäß sein Urteil gegen RP Online. RP Online legte Berufung beim Oberlandesgericht Köln ein (15 U 192/11), so dass nach den beim OLG Köln üblichen Terminierungsfristen für das Frühjahr 2012 mit einer Entscheidung über die Berufung zu rechnen war. Für das Frühjahr 2012 hatte RP Online in seiner Mitteilung auch die mögliche Wiederkehr von OPINIO angekündigt, möglicherweise in der Hoffnung, dass die "technischen" (oder juristischen?) Probleme bis dahin ausgeräumt sein würden.

Das Unternehmen verwies wie schon in der ersten Instanz darauf, dass auf "OPINIO" keine eigenen Artikel, sondern Leser-Beiträge veröffentlicht würden. RP Online sei lediglich Forenbetreiberin und damit haftungsprivilegiert. Die verbreiteten Beiträge seien mit Leserbriefen vergleichbar. Es fehle auch deshalb an jeglicher Wiederholungsgefahr. RP Online habe gegenüber Herrn Kachelmann schließlich klargestellt, dass man ihn nicht für einen Triebtäter und Vergewaltiger halte. Auch damit sei eine Wiederholungsgefahr entfallen.
 
Im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 10.01.2012 brachte das Oberlandesgericht Köln zum Ausdruck, der Berufung keine Aussicht auf Erfolg einzuräumen.
 
Es folgte dabei unserer Auffassung, dass RP Online sich die OPINIO-Beiträge zu eigen mache, ohne sich hinreichend von diesen zu distanzieren, sie also nicht lediglich technische Betreiberin eines Forums sei. Es folgte uns ferner in der Auffassung, dass OPINIO schon deswegen nicht mit dem Leserbriefteil einer Zeitung zu vergleichen sei, weil im Rahmen der Plattform unendlich viel Platz zur Veröffentlichung von Beiträgen zur Verfügung stehe. Die Vermutung, dass eine Veröffentlichung nur einmal und in einem zeitlich engen Zusammenhang mit deren Einsendung erfolge, greife mithin nicht.
 
Das Oberlandesgericht Köln regte daher an, die Berufung zurückzunehmen. Dem ist die RP Online GmbH nunmehr gefolgt.

Es folgen Auszüge aus dem Beschluss des OLG Köln (15 U 192/11) vom 10.01.2012 in dem einstweiigen Verfügungsverfahren des Verfügungsklägers und Berufungsbeklagten Jörg Kachelmann gegen die Verfügungsbeklagte und Berufungsklägerin RP Online GmbH im Wortlaut:

"Die Verfügungsbeklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das am 12.10.2011 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 539/11 - durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. (...)

Gründe:
(...) Soweit die Verfügungsbeklagte beanstandet, dass das Landgericht von ihrer Passivlegitimation ausgegangen ist, weil sie sich den beanstandeten Artikel gerade nicht zu eigen gemacht, sondern sich klar von dem Inhalt distanziert habe, geht diese Einwendung zunächst aus rechtstechnischen Gründen fehl. Als Betreiberin der Internetseite
www.rp-online.de hat die Verfügungsbeklagte an der Verbreitung der von dem Verfügungskläger beanstandeten Äußerungen mitgewirkt. Als Störer ist jeder anzusehen, der an der Störung mitgewirkt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang de Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Auch wenn ein Medium Äußerungen Dritter wiedergibt und sich von ihrem Inhalt distanziert, ändert das nichts daran, dass der für das Medium Verantwortliche einen entscheidenden Tatbeitrag zur Verbreitung der betreffenden Äußerungen leistet (vgl.: BGH, Urteil vom 27.05.1986 - VI ZR 169/85 - "Ostkontakte", GRUR 1986, 683 ff., 683 a.E.).

Diese Beanstandung der Verfügungsbeklagten verhilft ihrer Berufung entsprechend der Auffassung des Landgerichts auch nicht mit Blick auf das für Betreiber von Meinungsforen geltende „Privileg“ zum Erfolg, wonach solche lediglich eine reaktive Prüfungs- und ggf. Unterlassungspflicht trifft und diese erst zur Löschung und Unterlassung verpflichtet sind, sobald sie von einer offensichtlichen Rechtsverletzung Kenntnis erlangen (vgl.: BGH, Urteil vom 12.07.2007 – I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien bei Ebay, GRUR 2007, 890 ff., 892; Senatsurteil vom 01.04.2010 – 15 U 141/09 – mit BGH-Rspr.-Nachw.). Zu recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht erkannt, dass sich die Verfügungsbeklagte die im Rahmen ihres Dienstes „OPINIO“ veröffentlichten Inhalte zu eigen macht und sich nicht hinreichend von ihnen distanziert. Eigene Inhalte sind nicht nur selbst geschaffene, sondern auch solche, die sich der Anbieter zu eigen gemacht hat. Bei der Beurteilung des Zu-eigen-Machens ist eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände maßgeblich. Allein die Kenntlichmachung eines fremden Inhalts als solchen schließt dessen Zurechnung nicht aus (BGH, Urteil vom 12.11.2009 – I ZR 166/07 – Marions-Kochbuch.de, GRUR 2010, 616 ff., 618). Der unbefangene Leser gewinnt bei der Lektüre des betroffenen Artikels auch unter Berücksichtigung der dortigen Mitteilung „Leser schreiben für Leser“ und der Angabe des Verfassers nicht den Eindruck, die Verfügungsbeklagte stelle lediglich eine technische Plattform zur Verfügung, um Inhalte Dritter ungefiltert und unzensiert öffentlich zugänglich zu machen. Das Gegenteil steht nach Maßgabe der von dem Landgericht festgestellten Tatsachen, die der Senat seiner Entscheidung gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, fest. Die Verfügungsbeklagte gibt unter ihrem „OPINIO“-Dienst die Themengebiete vor, gibt dem Nutzer eine Anleitung zum Verfassen von Artikeln einschließlich technischer Kriterien, behält sich die inhaltliche Überprüfung vor einer Veröffentlichung durch die eigene Redaktion vor, weist den Nutzer darauf hin, dass kein Anspruch auf Veröffentlichung von Artikeln besteht, behält sich das Recht vor, Artikel „anzupassen“ und zu „bearbeiten“, lässt sich das Recht auf Veröffentlichung von Artikeln in Printausgaben von Tageszeitungen sowie weitere auf Dritte übertragbare Nutzungsrechte einräumen und weckt den Eindruck, mit der Registrierung werde der Autor Teil von „OPINIO“ und „Gastautor“ („unser“ Autor).

In Anbetracht dessen kommt den von der Verfügungsbeklagten hiergegen erhobenen Einwendungen aus der Sicht des Senats keine Relevanz zu. Das gilt zunächst, soweit die Verfügungsbeklagte einen unabhängigen Gesamteindruck des „OPINIO“-Dienstes von der Rheinischen Post bemüht. Aus der in § 6 der Bedingungen für die Teilnahme an „OPINIO“ enthaltenen Haftungsfreistellung der Verfügungsbeklagten lässt sich ungeachtet dessen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese von einem Teil der Nutzer nicht einmal gelesen wird, in Anbetracht der vorstehenden Fakten ebenfalls keine Distanzierung von den Inhalten der veröffentlichten Beiträge entnehmen. Dieser Passus ist als rein haftungsrechtliche Regelung im Verhältnis zwischen Autor und Verfügungsbeklagte zu verstehen. Der Vergleich mit einer Verbreitung im Leserbriefteil einer Zeitung hilft ebenfalls nicht weiter, da auch in diesem Falle von einer hinreichenden Distanzierung nicht ausgegangen werden kann, wenn es inhaltlich um schwere Beeinträchtigungen von Interessen Dritter, z. B. beleidigenden Äußerungen, geht, und zwar selbst dann, wenn sich in dem Leserbriefteil der übliche und allgemeine Hinweis befindet, dass der Inhalt dieser die Ansicht der Einsender wiedergebe, die mit der Auffassung der Redaktion nicht unbedingt übereinstimmen müsse (vgl.: Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kapitel 10 Rn. 212); vorliegend findet sich selbst ein solcher Hinweis nicht.

Zu Recht hat das Landgericht die beanstandete Erklärung unter Berücksichtigung des Äußerungszusammenhangs als Meinungsäußerung bewertet, auch wenn sich in diesem Zusammenhang die sinngemäße Behauptung findet, der Verfügungskläger sei ein Beispiel dafür, dass man einem Angeklagten nicht ansehe, dass in ihm möglicherweise „böse Triebe schlummern“ und er ein „Vergewaltiger“ ist. Mit der Erhebung eines solch gravierenden Vorwurfs gegenüber dem Verfügungskläger hat die Verfügungsbeklagte die Grenzen der Schmähkritik ungeachtet des Freispruchs des Verfügungsklägers in dem Strafverfahren vor dem Landgericht Mannheim am 31.05.2011 deutlich überschritten. Das abweichende Verständnis der Verfügungsbeklagten, der Satzteil, dass in manchem Manne böse Triebe schlummern können, beziehe sich nicht auf den Vorwurf der Vergewaltigung, sondern auf die ungewöhnlichen Beziehungs- und Sexualverhältnisse des Verfügungsklägers, ist nach der Auffassung des Senats fernliegend. In dem betroffenen Artikel findet sich hierzu nichts. Vorausgehend ist vielmehr die Frage aufgeworfen, ob man einer Person ansieht, ob sie ein „Vergewaltiger“ ist. Die Frage wird mit „natürlich nicht“ beantwortet und sofort daraufhin heißt es, „und nicht erst seit Kachelmann weiß man ja, dass in manchem Manne böse Triebe schlummern können“. Der Verfügungskläger wird danach als Prototyp eines Vergewaltigers dargestellt, dessen unauffälliges Äußeres über die in ihm schlummernden bösen Triebe hinwegtäusche. Mit dem von der Verfügungsbeklagten bemühten angeblichen Thema des Artikels, der sich mit der Schwierigkeit der Beweiswürdigung bei widersprechenden Aussagen einer Anzeigenerstatterin einerseits und dem Verdächtigten andererseits befasse, hat eine solche schwerwiegende ehrverletzende Äußerung in der Sache nichts zu tun.

War die Berichterstattung der Verfügungsbeklagten nach vorstehender Maßgabe aber rechtswidrig, wird die gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog erforderliche weitere Voraussetzung der Gefahr der Wiederholung vermutet (vgl. etwa: BGH, Urteil vom 27.05.1986 a. a. O., S. 684; Burkhardt, a. a. O., Kapitel 12 Rn. 8). Soweit dies bei der Veröffentlichung von Leserbriefen anders zu bewerten sein kann, die Wiederholungsgefahr vielmehr konkret festzustellen ist (vgl.: Burkhardt, a. a. O., Kapitel 12 Rn. 16), und die Verfügungsbeklagte von der Anwendung eines solchen Lebenssachverhalts auf den vorliegenden Fall ausgeht, finden die entsprechenden Rechtsgrundsätze entsprechend der Auffassung des Landgerichts keine Anwendung, weil sie sich bei der Veröffentlichung des beanstandeten Artikels nicht von dessen Inhalt distanziert hat. Insoweit teilt der Senat auch die Auffassung des Verfügungsklägers, dass der „OPINIO“-Dienst der Verfügungsbeklagten nicht vergleichbar ist mit dem Leserbriefteil einer Zeitung. Der Grund dafür, dass die Wiederholungsgefahr bei Leserbriefen nicht vermutet wird, besteht darin, dass diese gewöhnlich nur einmal, und zwar in einem zeitlich engen Zusammenhang mit ihrer Einsendung veröffentlicht werden. Dies ist vorliegend anders, als der von der Verfügungsbeklagten bereitgestellte „OPINIO“-Dienst nahezu unbegrenzt Platz für Veröffentlichungen lässt, und auch deswegen, weil sich die Verfügungsbeklagte die Nutzung an eingestellten Leserbriefen unter anderem durch Veröffentlichung in der Print-Ausgabe der Rheinischen Post vorbehalten hat, ferner deswegen, weil dem interessierten Internet-Nutzer der beanstandete Beitrag auch auf längere Sicht vor Augen steht, während dies bei einer Print-Ausgabe nicht üblich ist. Vorbehaltlich besonderer Umstände ist eine einmal begründete Wiederholungsgefahr aber nicht ohne eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des Äußernden auszuräumen (vgl. nur: Burkhardt, a. a. O., Kapitel 12 Rn. 20). Eine solche hat die Verfügungsbeklagte nicht abgegeben, vielmehr auf das anwaltliche Abmahnschreiben des Verfügungsklägers vom 04.07.2011 hin mit Schreiben vom selben Tag verweigert. Eine „Klarstellung“, wie sie die Verfügungsbeklagte in ihrem vorgerichtlichen Schreiben vom 04. und 06.07.2011 sowie in ihren Schriftsätzen vom 22.07. und 09.09.2011 sieht, reicht mit Blick auf die „IM-Stolpe“-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu mehrdeutigen Äußerungen nicht, weil – wie bereits ausgeführt – die beanstandete Äußerung im Zusammenhang mit dem weiteren Erklärungsinhalt des betroffenen Artikels nicht ernsthaft ein anderes Verständnis als die von dem Landgericht angenommene implizite Tatsachenbehauptung zulässt, der Vergewaltigungsvorwurf gegen den Verfügungskläger sei berechtigt.

Abschließend weist der Senat die Verfügungsbeklagte auf die Möglichkeit zur Rücknahme der Berufung zum Zweck der Reduzierung eines Teils der im zweiten Rechtszug angefallenen Gerichtskosten und zum Zweck der Vermeidung weiterer außergerichtlicher Kosten hin."

RA Dr. Sven Dierkes:
"Ein Verlag kann sich nicht aus der Verantwortung für persönlichkeitsrechtsverletzende Artikel stehlen, indem er seine Leser vorschiebt."

RA Prof. Dr. Ralf Höcker in der Pressemitteilung vom 11.07.2011 zum Erlass der Verfügung:
"Wer Kosten sparen will, indem er redaktionelle Arbeit auf Laien-Journalisten auslagert, muss auch für das schlechte Ergebnis eines solchen Kompetenz-Outsourcing einstehen."