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Ihre Suche nach “kachelmann” ergab 132 Treffer:

10.08.2011

Artikel der Göttinger Staatsanwältin Dagmar Freudenberg: Auch FAZ verpflichtet sich, die Erfinderin des Vergewaltigungsvorwurfs im Fall Kachelmann nicht mehr als ÀžGeschädigteÀœ zu bezeichnen.

Jörg Kachelmann ist mit HÖCKER erfolgreich gegen einen Artikel in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vorgegangen. Der von der Göttinger Staatsanwältin Dagmar Freudenberg verfasste Artikel bezeichnete die Erfinderin des Vergewaltigungsvorwurfs als „Geschädigte“. Gegen die Staatsanwältin hatte das LG Köln daher bereits am 02.08.2011 eine entsprechende einstweilige Verfügung erlassen und es ihr verboten, zu behaupten, bei der Anzeigenerstatterin handle es sich um eine "Geschädigte" bzw. um ein "Opfer" Kachelmanns (Az. 28 O 617/11, vgl. Pressemitteilung HÖCKER vom 03.08.2011). Auf Abmahnung hat sich die FAZ nun außergerichtlich verpflichtet, diese Äußerung künftig ebenfalls zu unterlassen.

Dagmar Freudenberg ist auch Referentin im Niedersächsischen Justizministerium für Opfer häuslicher Gewalt und Opferschutz und Vorsitzende der Kommission Strafrecht des Deutschen Juristinnenbundes.

22.08.2011

Keine Sonderbehandlung für Qualitätszeitungen: Wenn die Frankfurter Rundschau "kritisch" über die Veröffentlichung von Details aus Kachelmanns angeblichem Sexualleben in "BILD" berichtet, rechtfertigt dies keinen wiederholten Abdruck im eigenen Blatt.

Die Frankfurter Rundschau hatte sich mit der Berichterstattung der „BILD“-Zeitung im Fall Kachelmann auseinandergesetzt und die Frage gestellt, ob „BILD“ durch die Verbreitung intimer Details aus Kachelmanns angeblichem Sexualleben dessen Persönlichkeitsrechte verletzte. Wohl zum "besseren Verständnis" für den Leser wiederholte die Frankfurter Rundschau einige jener Schilderungen und fragte:

"Wir beteiligen uns nicht an der Spekulation, sondern fragen: Darf so etwas in der Zeitung stehen?"

Die Frankfurter Rundschau meinte: Ja.

Das Landgericht Köln meinte: Nein.

Es erließ auf Antrag von Jörg Kachelmann, vertreten durch HÖCKER eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung der sexuellen Schilderungen nicht nur gegen BILD, sondern auch gegen die Frankfurter Rundschau.

(Nachtrag vom 27.08.2011: Für alle, die über meedia.de hierhin gelangt sind: Nein, HÖCKER ist keineswegs Ralf Höcker, wie Herr Winterbauer zu mißverstehen vorgibt, sondern eben zur besseren Unterscheidbarkeit vom gleichnamigen Kanzlei-Mitgründer der Name der KANZLEI)

Die Frankfurter Rundschau legte Widerspruch ein und begründete ihn damit, dass sie nur die Berichterstattung der BILD-Zeitung referiert und sich mit dieser in zurückhaltender Form im Fließtext sachlich auseinandergesetzt habe.

(Nachtrag vom 27.08.2011: Herr Winterbauer von meedia.de schreibt hier, dass sich die FR im betroffenen Artikel angeblich "sehr kritisch mit der Rolle der BILD" im Fall Kachelmann befasst habe. Der Artikel sei also "durchaus im Sinne von Jörg Kachelmann" gewesen. Mutmaßlich hat Winterbauer den Artikel, den er so vehement verteidigt, überhaupt nicht gelesen, sondern ihn nur aufgrund dieser Pressemitteilung und der unten stehenden etwas mißverständlichen Passage aus dem Gerichtsurteil blind zitiert. Sonst wäre ihm aufgefallen, dass die FR den BILD-Artikel zwar kritisiert aber im hier entscheidenden Punkt gerade nicht negativ kritisiert hat. Die Kritik war vielmehr positiv und ausdrücklich BILD-verteidigend. Die FR begründet dort ausführlich mit einer fehlerhaften juristischen Argumentation, weshalb BILD und FR sich vermeintlich mit saftigen Details über Herrn Kachelmanns angebliches Sexualleben auslassen dürfen. Guter Journalismus setzt voraus, dass man einen besprochenen Artikel zumindest gelesen hat, Herr Winterbauer!)

Der Widerspruch blieb vor Gericht erfolglos: Das Landgericht Köln entschied mit Urteil vom 17.08.2011, Az. 28 O 343/11, dass eine "kritische" Auseinandersetzung mit der rechtswidrigen Berichterstattung der „BILD“ nicht geeignet sei, ein Informationsinteresse an der Veröffentlichung sexueller Details zu begründen. Da eine Auseinandersetzung mit der Berichterstattung der „BILD“ auch ohne die Wiederholung der dort verbreiteten expliziten Schilderungen möglich ist, war ein Eingriff in die Intimsphäre Kachelmanns durch die Wiederveröffentlichung nicht erforderlich.

Aus den Gründen des Urteils LG Köln, 28 O 343/11 vom 17.08.2011:

"Dabei hat die Kammer sich von der Erwägung leiten lassen, dass die hier betroffene Intimsphäre grundsätzlich absolut geschützt ist; soll gleichwohl in diese eingegriffen werden, bedarf es hierfür jedenfalls einer besonderen Rechtfertigung. Wollte man diese in der Kritik an der Art und Weise der Berichterstattung anderer Medien grundsätzlich erkennen, so wäre wegen des Menschenwürdeghaltes der Intimsphäre und deren grundsätzlich absoluten Schutz nach Auffassung der Kammer erforderlich, sich auf die verhältnismäßigen Maßnahmen zu beschränken und nicht über die zur Erreichung des Zieles unbedingt geeigneten und erforderlichen Mittel hinauszugehen. Dies aber ist vorliegend geschehen. Die Antragsgegnerin (die Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH, Anm. d. Verf.) hätte durchaus andere Mittel gehabt, um ihre Kritik anzubringen. Einer ausdrücklichen Wiederholung der kritisierten Äußerung bedurfte es daher nicht. Die Kritik an der Berichterstattung der Konkurrenz kann nicht derart geführt werden, dass die eigenbtlich kritisierte Äußerung zu Lasten des Persönlichkeitsrechtsträgers durch Wiederholung perpetuiert und weiter verbreitet wird, wenn dies auch mit milderen Mitteln, z.B. der Umschreibung der kritisierten Äußerung, möglich wäre."

Prof. Dr. Ralf Höcker:

"Schmutz bleibt Schmutz, auch wenn er nicht in der BILD, sondern in der Frankfurter Rundschau steht. Herr Kachelmann muss keine Schmuddelberichte aus seinem angeblichen Sexualleben dulden, auch nicht, wenn sie als Qualitätsjournalismus getarnt daher kommen."

23.12.2011

Alice Schwarzer hat nichts verstanden: Zweifel sind keine Restzweifel und das LG Mannheim hat nicht gesagt, dass Kachelmann höchstwahrscheinlich schuldig sei - LG Köln erlässt Verfügung gegen Schwarzers verleumderische Urteilsinterpretation.

In der aktuellen EMMA beschreibt Alice Schwarzer den Fall Kachelmann als einen "Meilenstein in der deutschen Rechtsprechung" und zwar unter anderem "in Bezug auf die Beeinflussung, ja Manipulation von Medien und Justiz durch die so genannte Litigation PR". Meister der Litigation-PR manipulierten die Medien. Sogar Journalisten, so Frau Schwarzer, scheinen selbst Teil der "Litigation-Kampagnen" zu sein. Im Fall Kachelmann zum Beispiel sei es seinen Beratern innerhalb weniger Monate gelungen, aus dem Angeklagten

"ein von rachsüchtigen Frauen verfolgtes
Unschuldslamm zu machen. Freispruch."

So einfach geht das also in den Augen der Verschwörungstheoretikerin Alice Schwarzer: Medienanwälte und Strafverteidiger verbünden sich mit willfährigen Journalisten und manipulieren mal eben Medien, Öffentlichkeit und Justiz. Schon gibt es einen Freispruch.

Und wie funktioniert eine solche Verschwörung? Auch das erklärt Frau Schwarzer. Zur Manipulation der Öffentlichkeit habe es gehört, ihr, die es als eine der wenigen "gewagt" habe, eine "andere Meinung zu vertreten" , das Wort im Munde herumzudrehen. (Zur Berechtigung dieses Vorwurfes verweisen wir auf unsere Pressemitteilungen hier , hier , hier , hier , hier , hier , hier , hier , hier und hier  sowie auf diesen äußerst instruktiven TV-Beitrag.) Gerade erst sei wieder eine "absurde Abmahnung" der Kanzlei HÖCKER wegen eines Interviews auf ihrem Tisch gelandet, in dem sie sich zum Kachelmann-Prozess geäußert hatte.

Diese Abmahnung betraf ein Interview, in dem die Nachwuchs-Gerichtsreporterin Alice Schwarzer zum wiederholten Male unter Beweis stellte, dass sie nichts von dem verstanden hat, was im Mannheimer Gerichtssaal vor sich ging. Denn Frau Schwarzer behauptete in der SWR-Sendung "Leute":

"Der Richter hat gesagt: Wir haben Restzweifel an der Schuld. Das heißt, wir sind überwiegend von der Schuld überzeugt, bleiben aber Restzweifel.

In tieferer Kenntnis des Falles komme ich zum selben Schluss wie das Gericht: Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass er es war."

Frau Schwarzers Annahme, dass sie eine "tiefere Kenntnis" vom Fall Kachelmann habe, gründet im günstigsten Fall auf einer deutlichen Selbstüberschätzung. Von den entscheidenden Sitzungen der über 40 Hauptverhandlungstage war die Öffentlichkeit, also selbst Frau Schwarzer, ausgeschlossen. Von den öffentlich zugänglichen Sitzungen hat Frau Schwarzer entgegen dem Eindruck, der durch ihre BILD-Kolumne entstand, viele "geschwänzt" und sich von den BILD-Reportern vor Ort über die vermeintlichen Vorgänge im Gerichtssaal instruieren lassen.

Keinem Juristen und keinem versierten Gerichtsreporter wäre es eingefallen, eine derart hanebüchene Interpretation des Mannheimer Freispruchs von sich zu geben, wie die, die Frau Schwarzer den Richtern in den Mund legte. Und mit "In-den-Mund-Legen" ist nicht das gemeint, was Frau Schwarzer anderen vorwirft, wenn sie von "Worte-im-Munde-Herumdrehen" spricht. Frau Schwarzer dreht den Richtern nicht lediglich Worte im Munde herum, sondern sie ersinnt Richterworte, die es nie gegeben hat.

Um es deutlich zu sagen:

Das Mannheimer Landgericht hat NICHT von bloßen Rest zweifeln an Kachelmanns Schuld gesprochen.

Es hat auch NICHT geäußert oder gar geurteilt, dass es "sehr wahrscheinlich" sei, dass Kachelmann die Tat begangen habe oder dass es "überwiegend von der Schuld überzeugt" sei.

Diese Aussagen mögen Alice Schwarzers persönliches Empfinden widerspiegeln. Dass sie von Anfang an voreingenommen war und sich selbst durch einen Freispruch in ihrer vorgefassten Meinung nicht hat beeindrucken lassen, haben ihr seriöse Journalisten mehrfach vorgeworfen. Die Urteilsinterpretation und vor allem konkrete Aussagen, die sie dem Gericht als schlechte Co-Verliererin dieses Prozesses nun unterschiebt, sind jedoch evident falsch und frei erfunden.

Das Gericht hat Herrn Kachelmann freigesprochen, weil es massive Zweifel an der Richtigkeit der Beschuldigungen hatte, die die mehrfach der Lüge überführte Nebenklägerin erhoben hatte. In der Urteilsbegründung, die der Öffentlichkeit nicht vorliegt, werden diese Zweifel in beeindruckender Weise beschrieben.

Alles andere als "absurd" war daher unsere Abmahnung, mit der wir Frau Schwarzer aufgefordert haben, dem Gericht keine falschen Aussagen zu Kachelmanns vermeintlicher Schuld mehr unterzuschieben. Frau Schwarzer hat sich geweigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, so dass es notwendig wurde, eine einstweilige Verfügung gegen sie zu beantragen. Das LG Köln hat es Frau Schwarzer auf Antrag von Jörg Kachelmann, vertreten durch HÖCKER, heute verboten, die von ihr erfundenen Aussagen der Mannheimer Richter erneut zu verbreiten (Einstweilige Verfügung vom 23.12.2011, Az. 28 O 1081/11).

Nachtrag vom 12.12.2013:

Alice Schwarzer hat im Laufe ihrer vor- und nachverurteilenden Berichterstattung über den Fall Kachelmann eine Vielzahl einstweiliger Verfügungen, Vertragsstrafen und gerichtlich verhängter Ordnungsgelder kassiert, die hier dargestellt sind:

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=269

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=260

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=246

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=226

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=186

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=131

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=127

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=126

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=69

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=76

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=99

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=71

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=72

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?i d=48

RA Prof. Dr. Ralf Höcker, LL.M. (IP) (London)

19.01.2012

Kachelmann erfolgreich gegen RP Online wegen Verantwortlichkeit für Leser-Artikel im Forum OPINIO: RP Online muss Berufung zurücknehmen. OLG Köln: Berufung hatte keine Aussicht auf Erfolg. "OPINIO" inzwischen wegen "technischer Probleme" geschlossen.

Mit Schriftsatz vom 11.01.2012 hat die RP Online GmbH, die unter anderem die Online Ausgabe der Rheinischen Post betreibt, ihre Berufung gegen eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln (28 O 539/11) zurückgenommen. Unser Mandant Jörg Kachelmann setzte sich damit mit seiner Rechtsauffassung durch, dass RP Online für die Artikel seiner "Leser-Journalisten" haftet.

Die Idee klang einfach: Leser schreiben für RP Online kostenlos Artikel, die von professionellen Journalisten als redaktionellen "Hilfsarbeitern" nur noch redigiert und in ein RP-Online-kompatibles Layout umformatiert werden. RP Online stellt die "fremden" Artikel unter der Marke OPINIO anschließend als "Forenbetreiber", d.h. als bloßer Mittler ins Internet.

Vorteil Nr. 1: RP online spart sich das Honorar für Profi-Journalisten.

Vorteil Nr. 2: Als bloßer "Forenbetreiber" ist RP Online presserechtlich (vermeintlich) nicht für die "fremden" Artikel der Leser verantwortlich.

Das OLG Köln hat auf Betreiben unseres Mandanten Jörg Kachelmann nun festgestellt, dass Vorteil Nr. 2 keiner ist, weil RP Online sich keineswegs der Haftung für die angeblich nur vermittelten "fremden" Artikel seiner Leser entziehen kann. Es mache sich deren Artikel vielmehr zu eigen. Deshalb muss RP Online haften. Das Forum OPINIO wurde kurz nach Erlass des gerichtlichen Verbots (vorläufig) eingestellt.

Zur Vorgeschichte:

Das Landgericht Köln hatte es der RP Online GmbH am 08.07.2011 verboten, im Portal OPINIO einen Leser-Beitrag zu verbreiten, der den Unternehmer Jörg Kachelmann als Triebtäter und Prototyp eines Vergewaltigers verunglimpfte (wir berichteten hier).

RP Online legte Widerspruch gegen die Verfügung ein. Daraufhin kam es am 14.09.2011 zu einer mündlichen Verhandlung vor der Pressekammer des LG Köln. In der Verhandlung machte das Gericht klar, dass es die Verfügung gegen Opinio aufrecht erhalten wolle und kündigte die Verkündung eines entsprechenden Urteils für den 12.10.2011 an.

Gut zwei Wochen nach der Verhandlung und nur wenige Tage vor dem Erlass des erwartbaren Urteils stellte RP Online sein Portal OPINIO wegen "technischer Probleme" vorläufig ein. In einer Mitteilung des Chefredakteurs RP Online, Rainer Kurlemann, vom 04.10.2011 hieß es (Hervorhebungen durch uns):

"In eigener Sache

von OPINIO-Redaktion | OPINIO Redaktion |

Wie es mit Opinio weiter geht – eine Information für unsere User.

Liebe Freunde von Opinio,

in den vergangenen Wochen und Monaten hatten wir immer wieder Probleme mit der technischen Plattform von Opinio. Leider lassen sich diese Schwierigkeiten bedingt durch das Alter der Systeme nicht mehr beheben. Es ist deshalb an der Zeit eine moderne Lösung zu suchen.

Wir wollen Opinio weiterentwickeln und die Strukturen verbessern. Die regionalen Beiträge aus der Plattform "Leser für Leser" werden in der Zukunft enger mit dem Regional-Portal von RP Online verbunden – in den einzelnen Orten wird es dann Platz für Beiträge der Leser geben, die aus ihrem Leben in und mit der Stadt berichten. Auch das Vereinsportal soll nicht länger eine separate Plattform sein, sondern Bestandteil des Regionalportals werden.

So finden die Beiträge der Autoren einen besseren inhaltlichen Rahmen, mehr Aufmerksamkeit und viele neue Leser, die bisher www.opinio.de nicht genutzt haben. Wo es möglich ist, wird Opinio ein festerer Bestandteil von RPO. Die neue Plattform können wir nach der technischen Umstellung voraussichtlich im Frühjahr 2012 anbieten. Wir werden Sie rechtzeitig informieren.

Zusätzlich möchten wir allen Opinio-Autoren das Angebot machen, zusammen mit unserem Partner "Jimdo" ihre Artikel auf einer eigenen, kostenfreien Webseite zu veröffentlichen. Mit wenigen Klicks kann auch ein Laie dort eine persönliche Umgebung erstellen, die die eigenen Beiträge sehr gut präsentiert und einfach zu bedienen ist. Die Freigabe der Texte fällt damit weg - die Opinio-Autoren bekommen mehr Eigenständigkeit.

Mit "Jimdo" haben wir einen starken Partner gefunden, in dem Sie in Zukunft alle Beiträge als eigenes Blog ins Netz stellen können. Die neuen Seiten bei "Jimdo" stehen ab dem 5. Oktober zur Verfügung. Wenn Sie dann Opinio im Internet aufrufen, werden Sie automatisch auf die Seite unseres Partners weitergeleitet.

Die Autoren können noch bis zum 30. November 2011 über diesen Link http://www.rp-online.de/hps/client/opini... auf Ihr OPINIO-Konto zugreifen und die Texte von dort per "copy und paste" sichern. Eine automatische Übernahme von Texten können wir leider nicht einrichten. Im Dezember wird die bisherige Opinio-Plattform dann abgeschaltet.

Wir bedanken uns für das Vertrauen und die teils langjährige Mitarbeit bei Opinio. Leider ist es durch die technischen Probleme der Plattform nicht mehr möglich, das Angebot in der bisher gewohnten Form weiterzuführen.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Kurlemann
Chefredakteur RP Online"

Sechs Tage nach dieser Mitteilung erließ das LG Köln erwartungsgemäß sein Urteil gegen RP Online. RP Online legte Berufung beim Oberlandesgericht Köln ein (15 U 192/11), so dass nach den beim OLG Köln üblichen Terminierungsfristen für das Frühjahr 2012 mit einer Entscheidung über die Berufung zu rechnen war. Für das Frühjahr 2012 hatte RP Online in seiner Mitteilung auch die mögliche Wiederkehr von OPINIO angekündigt, möglicherweise in der Hoffnung, dass die "technischen" (oder juristischen?) Probleme bis dahin ausgeräumt sein würden.

Das Unternehmen verwies wie schon in der ersten Instanz darauf, dass auf "OPINIO" keine eigenen Artikel, sondern Leser-Beiträge veröffentlicht würden. RP Online sei lediglich Forenbetreiberin und damit haftungsprivilegiert. Die verbreiteten Beiträge seien mit Leserbriefen vergleichbar. Es fehle auch deshalb an jeglicher Wiederholungsgefahr. RP Online habe gegenüber Herrn Kachelmann schließlich klargestellt, dass man ihn nicht für einen Triebtäter und Vergewaltiger halte. Auch damit sei eine Wiederholungsgefahr entfallen.
 
Im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 10.01.2012 brachte das Oberlandesgericht Köln zum Ausdruck, der Berufung keine Aussicht auf Erfolg einzuräumen.
 
Es folgte dabei unserer Auffassung, dass RP Online sich die OPINIO-Beiträge zu eigen mache, ohne sich hinreichend von diesen zu distanzieren, sie also nicht lediglich technische Betreiberin eines Forums sei. Es folgte uns ferner in der Auffassung, dass OPINIO schon deswegen nicht mit dem Leserbriefteil einer Zeitung zu vergleichen sei, weil im Rahmen der Plattform unendlich viel Platz zur Veröffentlichung von Beiträgen zur Verfügung stehe. Die Vermutung, dass eine Veröffentlichung nur einmal und in einem zeitlich engen Zusammenhang mit deren Einsendung erfolge, greife mithin nicht.
 
Das Oberlandesgericht Köln regte daher an, die Berufung zurückzunehmen. Dem ist die RP Online GmbH nunmehr gefolgt.

Es folgen Auszüge aus dem Beschluss des OLG Köln (15 U 192/11) vom 10.01.2012 in dem einstweiigen Verfügungsverfahren des Verfügungsklägers und Berufungsbeklagten Jörg Kachelmann gegen die Verfügungsbeklagte und Berufungsklägerin RP Online GmbH im Wortlaut:

"Die Verfügungsbeklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das am 12.10.2011 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 539/11 - durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. (...)

Gründe:
(...) Soweit die Verfügungsbeklagte beanstandet, dass das Landgericht von ihrer Passivlegitimation ausgegangen ist, weil sie sich den beanstandeten Artikel gerade nicht zu eigen gemacht, sondern sich klar von dem Inhalt distanziert habe, geht diese Einwendung zunächst aus rechtstechnischen Gründen fehl. Als Betreiberin der Internetseite
www.rp-online.de hat die Verfügungsbeklagte an der Verbreitung der von dem Verfügungskläger beanstandeten Äußerungen mitgewirkt. Als Störer ist jeder anzusehen, der an der Störung mitgewirkt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang de Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Auch wenn ein Medium Äußerungen Dritter wiedergibt und sich von ihrem Inhalt distanziert, ändert das nichts daran, dass der für das Medium Verantwortliche einen entscheidenden Tatbeitrag zur Verbreitung der betreffenden Äußerungen leistet (vgl.: BGH, Urteil vom 27.05.1986 - VI ZR 169/85 - "Ostkontakte", GRUR 1986, 683 ff., 683 a.E.).

Diese Beanstandung der Verfügungsbeklagten verhilft ihrer Berufung entsprechend der Auffassung des Landgerichts auch nicht mit Blick auf das für Betreiber von Meinungsforen geltende „Privileg“ zum Erfolg, wonach solche lediglich eine reaktive Prüfungs- und ggf. Unterlassungspflicht trifft und diese erst zur Löschung und Unterlassung verpflichtet sind, sobald sie von einer offensichtlichen Rechtsverletzung Kenntnis erlangen (vgl.: BGH, Urteil vom 12.07.2007 – I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien bei Ebay, GRUR 2007, 890 ff., 892; Senatsurteil vom 01.04.2010 – 15 U 141/09 – mit BGH-Rspr.-Nachw.). Zu recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht erkannt, dass sich die Verfügungsbeklagte die im Rahmen ihres Dienstes „OPINIO“ veröffentlichten Inhalte zu eigen macht und sich nicht hinreichend von ihnen distanziert. Eigene Inhalte sind nicht nur selbst geschaffene, sondern auch solche, die sich der Anbieter zu eigen gemacht hat. Bei der Beurteilung des Zu-eigen-Machens ist eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände maßgeblich. Allein die Kenntlichmachung eines fremden Inhalts als solchen schließt dessen Zurechnung nicht aus (BGH, Urteil vom 12.11.2009 – I ZR 166/07 – Marions-Kochbuch.de, GRUR 2010, 616 ff., 618). Der unbefangene Leser gewinnt bei der Lektüre des betroffenen Artikels auch unter Berücksichtigung der dortigen Mitteilung „Leser schreiben für Leser“ und der Angabe des Verfassers nicht den Eindruck, die Verfügungsbeklagte stelle lediglich eine technische Plattform zur Verfügung, um Inhalte Dritter ungefiltert und unzensiert öffentlich zugänglich zu machen. Das Gegenteil steht nach Maßgabe der von dem Landgericht festgestellten Tatsachen, die der Senat seiner Entscheidung gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, fest. Die Verfügungsbeklagte gibt unter ihrem „OPINIO“-Dienst die Themengebiete vor, gibt dem Nutzer eine Anleitung zum Verfassen von Artikeln einschließlich technischer Kriterien, behält sich die inhaltliche Überprüfung vor einer Veröffentlichung durch die eigene Redaktion vor, weist den Nutzer darauf hin, dass kein Anspruch auf Veröffentlichung von Artikeln besteht, behält sich das Recht vor, Artikel „anzupassen“ und zu „bearbeiten“, lässt sich das Recht auf Veröffentlichung von Artikeln in Printausgaben von Tageszeitungen sowie weitere auf Dritte übertragbare Nutzungsrechte einräumen und weckt den Eindruck, mit der Registrierung werde der Autor Teil von „OPINIO“ und „Gastautor“ („unser“ Autor).

In Anbetracht dessen kommt den von der Verfügungsbeklagten hiergegen erhobenen Einwendungen aus der Sicht des Senats keine Relevanz zu. Das gilt zunächst, soweit die Verfügungsbeklagte einen unabhängigen Gesamteindruck des „OPINIO“-Dienstes von der Rheinischen Post bemüht. Aus der in § 6 der Bedingungen für die Teilnahme an „OPINIO“ enthaltenen Haftungsfreistellung der Verfügungsbeklagten lässt sich ungeachtet dessen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese von einem Teil der Nutzer nicht einmal gelesen wird, in Anbetracht der vorstehenden Fakten ebenfalls keine Distanzierung von den Inhalten der veröffentlichten Beiträge entnehmen. Dieser Passus ist als rein haftungsrechtliche Regelung im Verhältnis zwischen Autor und Verfügungsbeklagte zu verstehen. Der Vergleich mit einer Verbreitung im Leserbriefteil einer Zeitung hilft ebenfalls nicht weiter, da auch in diesem Falle von einer hinreichenden Distanzierung nicht ausgegangen werden kann, wenn es inhaltlich um schwere Beeinträchtigungen von Interessen Dritter, z. B. beleidigenden Äußerungen, geht, und zwar selbst dann, wenn sich in dem Leserbriefteil der übliche und allgemeine Hinweis befindet, dass der Inhalt dieser die Ansicht der Einsender wiedergebe, die mit der Auffassung der Redaktion nicht unbedingt übereinstimmen müsse (vgl.: Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kapitel 10 Rn. 212); vorliegend findet sich selbst ein solcher Hinweis nicht.

Zu Recht hat das Landgericht die beanstandete Erklärung unter Berücksichtigung des Äußerungszusammenhangs als Meinungsäußerung bewertet, auch wenn sich in diesem Zusammenhang die sinngemäße Behauptung findet, der Verfügungskläger sei ein Beispiel dafür, dass man einem Angeklagten nicht ansehe, dass in ihm möglicherweise „böse Triebe schlummern“ und er ein „Vergewaltiger“ ist. Mit der Erhebung eines solch gravierenden Vorwurfs gegenüber dem Verfügungskläger hat die Verfügungsbeklagte die Grenzen der Schmähkritik ungeachtet des Freispruchs des Verfügungsklägers in dem Strafverfahren vor dem Landgericht Mannheim am 31.05.2011 deutlich überschritten. Das abweichende Verständnis der Verfügungsbeklagten, der Satzteil, dass in manchem Manne böse Triebe schlummern können, beziehe sich nicht auf den Vorwurf der Vergewaltigung, sondern auf die ungewöhnlichen Beziehungs- und Sexualverhältnisse des Verfügungsklägers, ist nach der Auffassung des Senats fernliegend. In dem betroffenen Artikel findet sich hierzu nichts. Vorausgehend ist vielmehr die Frage aufgeworfen, ob man einer Person ansieht, ob sie ein „Vergewaltiger“ ist. Die Frage wird mit „natürlich nicht“ beantwortet und sofort daraufhin heißt es, „und nicht erst seit Kachelmann weiß man ja, dass in manchem Manne böse Triebe schlummern können“. Der Verfügungskläger wird danach als Prototyp eines Vergewaltigers dargestellt, dessen unauffälliges Äußeres über die in ihm schlummernden bösen Triebe hinwegtäusche. Mit dem von der Verfügungsbeklagten bemühten angeblichen Thema des Artikels, der sich mit der Schwierigkeit der Beweiswürdigung bei widersprechenden Aussagen einer Anzeigenerstatterin einerseits und dem Verdächtigten andererseits befasse, hat eine solche schwerwiegende ehrverletzende Äußerung in der Sache nichts zu tun.

War die Berichterstattung der Verfügungsbeklagten nach vorstehender Maßgabe aber rechtswidrig, wird die gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog erforderliche weitere Voraussetzung der Gefahr der Wiederholung vermutet (vgl. etwa: BGH, Urteil vom 27.05.1986 a. a. O., S. 684; Burkhardt, a. a. O., Kapitel 12 Rn. 8). Soweit dies bei der Veröffentlichung von Leserbriefen anders zu bewerten sein kann, die Wiederholungsgefahr vielmehr konkret festzustellen ist (vgl.: Burkhardt, a. a. O., Kapitel 12 Rn. 16), und die Verfügungsbeklagte von der Anwendung eines solchen Lebenssachverhalts auf den vorliegenden Fall ausgeht, finden die entsprechenden Rechtsgrundsätze entsprechend der Auffassung des Landgerichts keine Anwendung, weil sie sich bei der Veröffentlichung des beanstandeten Artikels nicht von dessen Inhalt distanziert hat. Insoweit teilt der Senat auch die Auffassung des Verfügungsklägers, dass der „OPINIO“-Dienst der Verfügungsbeklagten nicht vergleichbar ist mit dem Leserbriefteil einer Zeitung. Der Grund dafür, dass die Wiederholungsgefahr bei Leserbriefen nicht vermutet wird, besteht darin, dass diese gewöhnlich nur einmal, und zwar in einem zeitlich engen Zusammenhang mit ihrer Einsendung veröffentlicht werden. Dies ist vorliegend anders, als der von der Verfügungsbeklagten bereitgestellte „OPINIO“-Dienst nahezu unbegrenzt Platz für Veröffentlichungen lässt, und auch deswegen, weil sich die Verfügungsbeklagte die Nutzung an eingestellten Leserbriefen unter anderem durch Veröffentlichung in der Print-Ausgabe der Rheinischen Post vorbehalten hat, ferner deswegen, weil dem interessierten Internet-Nutzer der beanstandete Beitrag auch auf längere Sicht vor Augen steht, während dies bei einer Print-Ausgabe nicht üblich ist. Vorbehaltlich besonderer Umstände ist eine einmal begründete Wiederholungsgefahr aber nicht ohne eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des Äußernden auszuräumen (vgl. nur: Burkhardt, a. a. O., Kapitel 12 Rn. 20). Eine solche hat die Verfügungsbeklagte nicht abgegeben, vielmehr auf das anwaltliche Abmahnschreiben des Verfügungsklägers vom 04.07.2011 hin mit Schreiben vom selben Tag verweigert. Eine „Klarstellung“, wie sie die Verfügungsbeklagte in ihrem vorgerichtlichen Schreiben vom 04. und 06.07.2011 sowie in ihren Schriftsätzen vom 22.07. und 09.09.2011 sieht, reicht mit Blick auf die „IM-Stolpe“-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu mehrdeutigen Äußerungen nicht, weil – wie bereits ausgeführt – die beanstandete Äußerung im Zusammenhang mit dem weiteren Erklärungsinhalt des betroffenen Artikels nicht ernsthaft ein anderes Verständnis als die von dem Landgericht angenommene implizite Tatsachenbehauptung zulässt, der Vergewaltigungsvorwurf gegen den Verfügungskläger sei berechtigt.

Abschließend weist der Senat die Verfügungsbeklagte auf die Möglichkeit zur Rücknahme der Berufung zum Zweck der Reduzierung eines Teils der im zweiten Rechtszug angefallenen Gerichtskosten und zum Zweck der Vermeidung weiterer außergerichtlicher Kosten hin."

RA Dr. Sven Dierkes:
"Ein Verlag kann sich nicht aus der Verantwortung für persönlichkeitsrechtsverletzende Artikel stehlen, indem er seine Leser vorschiebt."

RA Prof. Dr. Ralf Höcker in der Pressemitteilung vom 11.07.2011 zum Erlass der Verfügung:
"Wer Kosten sparen will, indem er redaktionelle Arbeit auf Laien-Journalisten auslagert, muss auch für das schlechte Ergebnis eines solchen Kompetenz-Outsourcing einstehen."

15.02.2012

Nicht alles, was in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung geschieht, darf von den Medien berichtet werden: Kachelmann siegt mit HÖCKER vor dem OLG Köln gegen Springer.

Die gestrigen Entscheidungen des OLG Köln, die wir zur Berichterstattung im Fall Kachelmann erstritten haben (s.u. Auszüge aus der Pressemitteilung des Gerichts), sind heute von einigen Medien kritisiert worden.

So stellt Hans Leyendecker in der Süddeutschen fest:

"Künftig könnte es für Journalisten riskant sein, aus einer öffentlichen Verhandlung zu berichten."

"Jetzt kann der Prozess noch zum großen Elend für die Medien werden, weil der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln am Dienstag eine für den Alltag der Gerichtsberichterstattung sehr komplizierte Entscheidung getroffen hat."

Stefan Winterbauer von meedia.de bemängelt:

"Sollte dieses Urteil Bestand haben, wäre das fatal für die ohnehin schon schwierige Gerichtsberichterstattung."

"Den Gerichtsreportern aber grundsätzlich zu sagen, ihr dürft das, was in einer Hauptverhandlung öffentlich besprochen wird, nicht unbedingt berichten, macht deren Arbeit praktisch unmöglich. Das Ergebnis wäre ein massiv gestörter Rechtsfriede."

 

Der Kritik Leyendeckers und Winterbauers liegt die Fehlvorstellung zugrunde, wonach "alles, was in einer Hauptverhandlung öffentlich besprochen wird, auch berichtet werden darf". Einen solchen simplen Merksatz gibt es aber nicht und es hat ihn auch noch nie gegeben. Das ist auch richtig so, denn es wäre allzu simpel, eine Grundrechtsabwägung zwischen der Pressefreiheit und den Persönlichkeitsrechten eines Angeklagten anhand eines derart oberflächlichen Formalkriteriums vorzunehmen. Grundrechtsabwägungen haben immer im Einzelfall und unter inhaltlicher (nicht bloß formaler!) Berücksichtigung aller individuellen Umstände des Falles zu erfolgen. Eine leichte Aufgabe ist das sicher nicht. Man muss von professionellen Journalisten jedoch erwarten können, dass sie sich diese für die Ausübung ihres verantwortungsvollen Berufs so wesentlichen Rechtskenntnisse aneignen. Ihre Kritik an den Entscheidungen des OLG Köln ist also maßlos übertrieben.

Aus der Pressemitteilung des OLG Köln vom 14.02.2012:

"Das Oberlandesgericht Köln hat mit drei am 14. Februar 2012 verkündeten Urteilen entschieden, dass die Medien Umstände aus dem privaten Lebensbereich eines Angeklagten auch dann nicht ohne weiteres verbreiten dürfen, wenn diese in öffentlicher Hauptverhandlung erörtert worden sind. (...)

Der Kläger hatte während der Ermittlungen in einer richterlichen Vernehmung im Detail den zwischen ihm und der Anzeigenerstatterin üblichen (einvernehmlichen) Sexualverkehr geschildert. Die Beklagten hatten sodann Einzelheiten der Schilderung in ihre Presseveröffentlichungen eingestellt. Nach Ansicht des zuständigen 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln lag hierin ein unzulässiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Das Berichterstattungsinteresse der Beklagten habe hinter dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Intimsphäre zurückzustehen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die berichteten Umstände später Gegenstand einer öffentlichen Gerichtsverhandlung gewesen seien, in welcher das Vernehmungsprotokoll im Wortlaut verlesen worden war. Die Öffentlichkeit eines Gerichtssaales sei nicht mit der Wirkung zu vergleichen, die von einer Veröffentlichung in den Medien, erst recht bei einer Veröffentlichung im Internet ausgehe. Die veröffentlichten Details hätten in keinem Zusammenhang mit dem konkreten Tatvorwurf gestanden und seien von den Beklagten auch in der Berichterstattung nicht in einen solchen Zusammenhang gerückt worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht strafrechtlich verurteilt worden sei. Während des laufenden Ermittlungsverfahrens und bis zu einer gerichtlichen Verurteilung gelte zu Gunsten des Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Dementsprechend zurückhaltend und ausgewogen müsse über den Tatvorwurf und den auf dem Angeklagten lastenden Verdacht berichtet werden (15 U 123/11, 15 U 125/11 und 15 U 126/11)."

28.02.2012

Alice Schwarzer testet weiterhin die Grenzen möglicher Nachverurteilungen Jörg Kachelmanns aus - weiterhin erfolglos, wie ihr das LG Köln in einer neuen einstweiligen Verfügung beschied.

Alice Schwarzer kann das Nachtreten nicht lassen und handelt sich dafür eine weitere Verbotsverfügung des Landgerichts Köln ein. Das Gericht hat es der politischen Aktivistin persönlich sowie der Emma Frauenverlag GmbH mit einer einstweiligen Verfügung vom heutigen Tag (28 O 96/12) verboten, den Eindruck zu erwecken, Jörg Kachelmann habe eine Ex-Freundin vergewaltigt.

Obgleich das Landgericht Mannheim den Wettermoderator und Unternehmen vom Vorwurf der Vergewaltigung einstimmig und rechtskräftig freigesprochen hatte, suggerierte Alice Schwarzer den Lesern ihrer Publikation EMMA zum wiederholten Male anderes: Sie nutzte die Wahl des Unwortes 2012, um zwei eigene Unworte vorzuschlagen, nämlich “einvernehmlicher Sex” und “Unschuldvermutung”. Wenn man dafür eine Begründung suche, solle man am besten Nafissatou Diallo, Claudia D. oder irgendeine von den 86800 geschätzten vergewaltigten Frauen im Jahr fragen, deren Vergewaltiger nie angezeigt, nie angeklagt oder nie verurteilt worden seien.

Das Landgericht Köln erkannte darin zutreffend eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte Kachelmanns. Dem einfältigen Hinweis, aus den Artikeln sei doch gar nicht erkenntlich, dass es sich bei “Claudia D.” um die Anzeigenerstatterin aus dem Mannheimer Strafverfahren handele, wollte es ebensowenig folgen wie der Ansicht, durch die Verwendung der Konjunktion “oder” sei klar, dass Claudia D. nicht der Gruppe vergewaltigter Frauen zugerechnet werde.

Nachtrag vom 12.12.2013:

Alice Schwarzer hat im Laufe ihrer vor- und nachverurteilenden Berichterstattung über den Fall Kachelmann eine Vielzahl einstweiliger Verfügungen, Vertragsstrafen und gerichtlich verhängter Ordnungsgelder kassiert, die hier dargestellt sind:

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=269

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=260

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=246

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=226

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=215

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=186

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=131

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=127

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=126

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=69

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=76

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=99

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=71

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?id=72

http://www.hoecker.eu/mitteilungen/artikel.htm?i d=48

RA Prof. Dr. Ralf Höcker, LL.M.

22.03.2012

Prof. Höcker spricht heute beim Krisenkommunikationsgipfel an der Universität zu Köln zum Thema "Anwaltliche Pressearbeit im Strafverfahren: Was lehren die Fälle Kachelmann, Strauss-Kahn, Knox & Co.?"

Der Krisenkommunikationsgipfel 2012 hat das Thema "Zu Unrecht am Pranger? - Wie Pressesprecher, Journalisten und Juristen ihren guten Ruf in Krisenzeiten schützen können".

Veranstalter sind "Krisennavigator – Institut für Krisenforschung", ein "Spin-Off" der Universität Kiel und das Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln.

Der Gipfel findet statt am 22.03.2012 im Hörsaal HS 1 im ersten Obergeschoss des HF Hauptgebäudes (Gebäudenummer 216a, Block A) in der Gronewaldstraße 2, D-50931 Köln.

Aus der Ankündigung der Veranstalter:

Die Privatkreditaffäre des Bundespräsidenten, die Verfahren gegen Jörg Kachelmann oder Dominique Strauss-Kahn, die massive Kritik deutscher Datenschützer an Facebook oder dem Bundestrojaner, die Klagen gegen den EHEC-Verdacht oder den Atomausstieg – in Krisen-, Konflikt- und Katastrophenfällen sind die Grenzen zwischen Kommunikation und Recht oft fließend. Mal werden durch die Ereignisse Aspekte des Presse- und Persönlichkeitsrechts berührt. Mal geht es um das Datenschutz- und Strafrecht.

Welche kommunikative Begleitung von Gerichtsverfahren einerseits und juristische Begleitung von betrieblichen Krisenfällen andererseits ist sinnvoll? Welche Möglichkeiten haben Juristen und Pressesprecher, wenn einseitige Medienberichte aus dem "Court of public opinion" in den "Court of law" dringen? Welche Rolle spielen die Marktpartner bei branchenübergreifenden Krisenfällen, wenn der Gesetzgeber, die Medien oder die behördliche Aufsicht auf den Plan treten?

Antworten auf diese und andere Fragen geben vierzehn Referentinnen und Referenten beim Krisenkommunikationsgipfel 2012 am Donnerstag, 22. März 2012, an der Universität zu Köln. Auf Einladung des Krisennavigator – Institut für Krisenforschung, ein "Spin-Off" der Universität Kiel, und des Instituts für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln erläutern die Fachleute, worauf es im Krisenfall bei der Kommunikationsarbeit und Rechtsberatung wirklich ankommt.

Eingeladen zum 14. Gipfeltreffen des Krisennavigator sind insbesondere Kommunikationsverantwortliche und Pressesprecher, Justitiare und Fachanwälte, Führungskräfte und Krisenmanager aus Unternehmen, von Behörden, Verbänden, Medien und der Politik sowie Journalisten und Wissenschaftler. Acht Berufsverbände und Fachzeitschriften unterstützen den Kongress als Veranstaltungs- und Medienpartner. Wie in den Vorjahren ist die Teilnehmerzahl auf 150 Personen begrenzt.

02.04.2012

Kachelmann siegt gegen VOX: Das Aufsuchen eines Anwalts begründet einen privaten Rückzugsbereich. OLG Köln bestätigt Verbot von Paparazzi-Aufnahmen auf Anwaltsgrundstück.

Der Fernsehsender "Vox" hatte im März 2011 Videosequenzen ausgestrahlt, die Jörg Kachelmann auf dem Grundstück seiner Anwälte zeigen. Auf die Berufung der Vox Television GmbH stellte das OLG Köln mit Urteil vom 20.03.2012 (Az: 15 U 184/11) fest, dass Jörg Kachelmann auf Grund der unmittelbar zeitlichen wie auch örtlichen Nähe zu seinem Anwalt davon ausgehen durfte, in dieser Situation vor den Blicken der Öffentlichkeit geschützt zu sein.

Das OLG spricht dabei zunächst die Selbstverständlichkeit aus, dass niemand aktiv handeln oder gar protestieren müsse, wenn ihm Paparazzi auflauern, da allein im Bemerken von Fotografen oder Kamerateams niemals eine (stillschweigende) Einwilligung in eine Veröffentlichung liegen könne.

Weiter ist nach dem OLG die zu schützende Erwartung, nicht in den Medien abgebildet zu werden, gerade nicht davon abhängig, dass man in einer Situation für überhaupt "niemanden" mehr wahrnehmbar ist:

"Maßgeblich ist, dass der Betroffene sich innerhalb des öffentlichen Raums zurückgezogen und zu erkennen gegeben hat, dass er "alleingelassen" werden will. Selbst wenn er gleichwohl für einen beschränkten Teil der Öffentlichkeit dann noch sichtbar und wahrnehmbar bleiben sollte, ändert das nicht an der seine Privatheitserwartung signalisierenden "Abgeschiedenheit"".

Da sich Jörg Kachelmann in der konkreten Situation in einer Phase der Vorbereitung auf rechtliche und gerichtliche Auseinandersetzungen befand, musste diese Phase der "Ruhe vor dem Sturm" in seiner Privatsphäre und vor den Blicken der Öffentlichkeit verborgen bleiben.

Weil sich der Beitrag auch nicht ernsthaft und sachbezogen mit solchen Umständen befasste, die die Öffentlichkeit etwas angehen, konnte auch der die Bilder begleitende Textbeitrag die Veröffentlichung der Videosequenz nicht rechtfertigen. Nach dem von BGH und BVerfG entwickelten sog. abgestuften Schutzkonzept griff die Bildveröffentlichung in gravierender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Jörg Kachelmann ein.

Die im Wege der einstweiligen Verfügung ergangene Entscheidung wurde von der Vox Television GmbH anerkannt und ist damit rechtskräftig.

01.06.2012

BUNTE wegen emotionalisierender Darstellung, redaktionellem Einfluss auf Interview, Befriedigung bloßen Unterhaltungsinteresses und fehlender Distanzierung als "intellektuelle Verbreiterin" von Verbrechensvorwürfen gegen Kachelmann verurteilt.

Die Illustrierte “Bunte” darf keine Äußerungen verbreiten, die nach wie vor den Vorwurf der Vergewaltigung oder der Todesdrohung durch Jörg Kachelmann enthalten. Dies hat die Pressekammer des Landgerichts Köln im Hauptsacheverfahren mit Urteil vom 30.05.2012 (Az: 28 O 1072/11) entschieden, nachdem ein entsprechendes Verbot bereits per einstweiliger Verfügung ergangen war.

Nach dem Freispruch von Jörg Kachelmann hatte es sich die “Bunte” zur Aufgabe gemacht, auf einer Heftstrecke von insgesamt 12 Magazinseiten “die Sichtweise” der Anzeigenerstatterin darzustellen. Neben der Abbildung mehrerer nicht unkenntlich gemachter z.T. ganzseitiger Fotografien gehörte hierzu auch ein sog. Exklusivinterview mit der Anzeigenerstatterin, in das redaktionelle Beiträge eingeflochten waren. Die Äußerungen in diesem Interview, in denen die Anzeigenerstatterin selbst nach dem Freispruch weiterhin eine Vergewaltigung und eine Todesdrohung behauptet, verletzten nach Ansicht des Landgerichts Köln das Persönlichkeitsrecht von Jörg Kachelmann und durften von der “Bunten” nicht verbreitet werden.

Die Unzulässigkeit der Äußerungen stützte das Landgericht insbesondere darauf, dass diese in ihrer Detailtiefe sowie in der emotionalisierenden Darstellungsweise über ein etwaiges Informationsinteresse hinausgingen und allein ein bloßes Unterhaltungsinteresse befriedigten. Dies habe Jörg Kachelmann nicht hinzunehmen. Dass die “Bunte” gerade kein “neutrales Sprachrohr” für die Anzeigenerstatterin war, begründete das Landgericht mit der gesamten Aufmachung der Heftstrecke, dem ausgeübten redaktionellen Einfluss auf den Inhalt des Exklusivinterviews sowie schließlich der fehlenden Distanzierung. Nach Ansicht der Pressekammer sei die “Bunte” als “intellektuelle Verbreiterin” der rechtsverletzenden Äußerungen anzusehen, so dass es nicht darauf ankomme, ob sie sich diese zudem auch noch zu eigen gemacht habe.

28.06.2012

Erfolg für Kachelmann: B.Z.À durfte rechtswidrige Zitate aus der BUNTE nicht wiederholen. Bloße Weitergabe von Äußerungen Dritter ist keine Entschuldigung.

Mit einstweiliger Verfügung vom 27.06.2012 (Az: 28 O 259/12) hat das Landgericht Köln der zum Axel Springer-Konzern gehörenden B.Z. Ullstein GmbH verboten, Äußerungen von Claudia D. zu veröffentlichen oder zu verbreiten, in denen trotz des rechtskräftigen Freispruchs die angebliche Tatbegehung durch Jörg Kachelmann behauptet wird. Die “B.Z.” hatte in einem Internetartikel aus einem Interview zitiert, das Claudia D. nach dem Freispruch der Zeitschrift “Bunte” gegeben hatte. Insbesondere nachdem sowohl Claudia D. als auch die “Bunte” zur Unterlassung verurteilt worden waren, konnte sich die “B.Z.” nicht darauf zurückziehen, lediglich Äußerungen Dritter weitergegeben zu haben.

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