Ärztebewertung im Internet: Portalbetreiber muss genaue Prüfung des Behandlungskontakts veranlassen.

Erfolgreich setzte sich ein Arzt für Psychotherapie und Psychiatrie gegen eine Bewertung in einem Online-Portal zur Wehr. Während die Klage in erster Instanz noch abgewiesen worden war, kam es in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Stuttgart (Urt. v. 22.5.2019, Az: 4 U 47/19) zu einem Anerkenntnisurteil zugunsten des Arztes. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hatte das Landgericht den Umfang der Prüfpflichten des Portalbetreibers nicht zutreffend bestimmt.

In der Bewertung, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung schon rund fünf Jahre alt war, wurde dem Arzt unter anderem vorgeworfen, nicht „patiententauglich“ zu sein und ohne nähere Prüfung Medikamente zu verschreiben. Dazu verteilte der Bewerter unterdurchschnittlich schlechte Noten. Wer sich hinter der Bewertung verbarg, war dem Kläger nicht bekannt, da die Bewertungen anonym abgegeben werden und der Portalbetreiber die Anonymität auch nicht aufheben darf. Der Kläger bestritt, dass es sich überhaupt um einen seiner Patienten gehandelt habe. Daher habe es schon an der Grundlage für eine Bewertung einer Behandlung gefehlt.

Im Zuge des Prüfprozesses, den das Online-Portal auf die Löschungsaufforderung hin einleiten muss, hatte sich der Verfasser mit einer Stellungnahme bei dem Portalbetreiber gemeldet. Diese Stellungnahme war allerdings unergiebig, da der Verfassung nicht alle Fragen beantwortet hatte. Nach Ansicht des OLG Stuttgart hätte der Portalbetreiber dann nachfassen müssen. Insofern reiche es nicht, dass der Portalbetreiber den Verfasser zwar zur Überlassung von verschiedenen Unterlagen aufgefordert hatte, sich dann aber mit der nicht vollständigen Auskunft des Verfassers zufriedengab, ohne nochmals nachzuhaken.

Dass die Bewertung schon viele Jahre online und der Behandlungskontakt nicht geklärt war, könne außerdem, so der Senat in der mündlichen Verhandlung, zu einem abgeschwächten Interesse an der Veröffentlichung der negativen Bewertung führen.