Verdachtsbericht nach pauschaler Anhörung unzulässig. Bonner Unternehmer erwirkt einstweilige Verfügung gegen General-Anzeiger.

Der HÖCKER-Mandant war Geschäftsführer einer Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Am 23.12.2016, 15:15 Uhr, erhielt der Mandant eine Presseanfrage des General-Anzeigers mit vier pauschalen und offenen Fragen im Zusammenhang mit den finanziellen Verhältnissen der Gesellschaft und dem Insolvenzverfahren. Aus den Fragen ergab sich kein Vorwurf eines Fehlverhaltens gegen den Mandanten. Der Journalist setzte dem Mandanten eine Antwortfrist von nur knapp fünf (!) Stunden. In unserer Antwort innerhalb dieser Frist wiesen wir den Journalisten darauf hin, dass die Frist insbesondere am Tag vor Heiligabend deutlich zu kurz sei und er den Mandanten mit einem konkreten Vorwurf konfrontieren müsse, falls er identifizierend über den Verdacht eines vermeintlichen Fehlverhaltens berichten wolle. Eine Nachbesserung der Fragen erfolgte nicht. Stattdessen veröffentlichte der General-Anzeiger noch am Abend des 23.12.2016 einen Online-Artikel, in dem er ohne Vorankündigung und ohne vorherige Konfrontation über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von Insolvenzstraftaten gegen den Mandanten berichtete. Der Journalist hatte es trotz unseres Hinweises bewusst unterlassen, den Mandanten zu dem Verdacht anzuhören, offenbar um sich eine Stellungnahme des Mandanten in seinem Bericht zu ersparen. An Heiligabend erschien dann der entsprechende Print-Bericht im General-Anzeiger Bonn.

Auf Antrag von HÖCKER erließ das Landgericht Köln mit Beschluss vom 31.01.2017 (Az. 28 O 19/17, n.rkr.) eine einstweilige Verfügung für den Mandanten gegen den General-Anzeiger. Nach dieser ist die identifizierende Verdachtsberichterstattung über den Mandanten verboten. Auf die erfolgte Zustellung hin hat der General-Anzeiger den Online-Bericht gelöscht.

Rechtsanwalt Dr. Marcel Leeser: „Der Mandant hat dem Gericht glaubhaft gemacht, dass er dem General-Anzeiger eine Antwort gegeben hätte, die den Straftatverdacht gegen ihn ausräumt bzw. stark in Zweifel zieht, wenn er denn hierzu gefragt worden wäre. Voraussetzung für eine rechtmäßige Verdachtsberichterstattung ist die vorherige Anhörung des Betroffenen und die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist. Je konkreter der spätere Bericht ausfallen soll, umso konkreter muss die Anhörung sein. Nimmt der Bericht also auf konkrete Vorgänge Bezug, sind diese auch in der Anhörung zu benennen. Berichtet die Presse über einen Straftatverdacht bzw. ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren und hört sie den Betroffenen hierzu nicht oder nur pauschal an, verletzt sie ihre journalistische Sorgfaltspflicht.