LG München erhöht Darlegungslast für Unternehmen mit Rechtsabteilung: Bloßer Hinweis, dass nur Marketing- nicht aber Rechtsabteilung Kenntnis von Rechtsverletzung hatte, genügt nicht mehr, um Dringlichkeit im Verfügungsverfahren zu belegen.

HÖCKER hat ein führendes soziales Netzwerk erfolgreich vor dem Landgericht München gegen den Versuch eines anderen führenden sozialen Netzwerkes verteidigt, im einstweiligen Verfügungsverfahren eine angebliche Wettbewerbsrechtsverletzung verbieten zu lassen.

Die Wettbewerberin hatte den Internetauftritt der Mandantin bereits vor Monaten nachweislich durch Zugriffe über IP-Adressen der Wettbewerberin untersuchen lassen, so dass sie bereits seit Monaten eine Kenntnis von dem angeblichen Wettbewerbsverstoß hatte. Gleichwohl behauptete die Wettbewerberin eine besondere Dringlichkeit und versuchte, Unterlassungsansprüche im Wege der einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht München durchzusetzen. Das zwischenzeitlich durch das Landgericht München erlassene Verbot wurde nun auf Widerspruch durch HÖCKER mit Urteil vom 26.11.2013, Az. 33 O 21559/13 aufgehoben (nicht rechtskräftig).

Das Landgericht München folgte unserer Auffassung, wonach die gesetzlich vorgesehene Vermutung einer Dringlichkeit dann widerlegt ist, wenn der in Anspruch genommene Wettbewerber nachweist, dass im Hause des Anspruchstellers bereits Monate vor Antragstellung Tests erfolgt sind. Der Einwand der Wettbewerberin, diese Tests seien durch juristisch nicht gebildete und zur Verfolgung von Rechtsverstößen nicht berufene Mitarbeiter der Marketingabteilung erfolgt, hielt das Landgericht München für unzureichend. Es stellt vielmehr fest, dass es der Wettbewerberin zumindest oblegen hätte, konkret darzulegen, welcher einzelne Mitarbeiter mit welcher Kompetenz die Prüfungen vorgenommen hat.

Dr. Carsten Brennecke:
„Eine noch herrschende Ansicht der deutschen Wettbewerbskammern nimmt an, dass die dringlichkeitsschädliche Kenntnis in einem Unternehmen mit Rechtsabteilung erst dann gegeben ist, wenn der zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen berufene Justiziar erstmalig Kenntnis von den Verstößen erlangt. Dieser Ansicht erteilt das Landgericht München eine begrüßenswerte Absage. Nach Ansicht des Landgerichts München kommt es vielmehr auf eine Betrachtung des Einzelfalls an. Liegt eine Kenntnis im Hause eines Wettbewerbers außerhalb des Justiziariats vor, so muss dieser dezidiert darlegen, welche Personen mit welchen Kompetenzen die Kenntnis gewonnen haben. Kommt er dieser Darlegungslast nicht nach, ist die Dringlichkeitsvermutung erschüttert und eine etwaig erlassene einstweilige Verfügung ist aufzuheben.“