#metoo in Gastro-Szene: OLG Köln lässt Beschwerde abprallen – Mandantin darf über sexuelle Belästigung sprechen

Am 14.12.2023 berichteten wir, dass die renommierte Rechtsanwältin Alexandra Sofia Wrobel mit HÖCKER vor dem Landgericht Köln erfolgreich einen Verbotsantrag abgewehrt hatte (vgl. https://www.hoecker.eu/news/sexuelle-belästigung-in-gastro-szene-renommierte-anwältin-darf-weiter-über-erlebtes-berichten). Sie war im Jahr 2022 von einem ehemaligen Wein-Funktionär sexuell belästigt worden. Der Täter wollte ihr gerichtlich verbieten, über das Erlebte in sozialen Medien zu sprechen. Gegen die Entscheidung des Landgerichts, das ein Verbot ablehnte, legte er sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht bestätigte seine Entscheidung und half der Beschwerde nicht ab.

Das OLG Köln hat die Beschwerde nun mit Beschluss vom 04.01.2024 (Az. 15 W 153/23) kostenpflichtig zurückgewiesen. Auch der Senat glaubt der HÖCKER-Mandantin und ihrer „sehr detaillierten und überzeugenden Tatbeschreibung“. Es bestehe für deren Zutreffen „eine – unzweifelhaft nach allen Lesarten ausreichende – überwiegende Wahrscheinlichkeit“. Die Schilderung des Vorfalls durch den Antragsteller quittiert der Senat als „eher theoretische Ausführungen zu ein- bzw. zweihändigen ‚Grabschtechniken‘“, die nicht überzeugen. Ist also von der Schilderung einer wahren Tatsache auszugehen, so sprechen die folgenden Aspekte im Rahmen der Abwägung für die Zulässigkeit des Facebook-Beitrags der Mandantin:

  • kein Eingriff in sog. Intimsphäre des Antragstellers
  • seine damalige Position als Präsident eines in der Weinbranche bekannten Verbandes
  • seine partielle Selbstöffnung mit seiner öffentlichen Entschuldigung bei mehreren Frauen wegen auch aus seiner Sicht grenzüberschreitenden Verhaltens
  • Bruch des Rechtsfriedens gegenüber der Mandantin durch seine Tat
  • seine nur eingeschränkte Identifizierbarmachung durch die Mandantin (keine Namensnennung)
  • Facebook-Profil der Mandantin nur eingeschränkt der Öffentlichkeit zugänglich
  • Verteidigung gegen außergerichtliche Forderung des Täters, zu seiner Rehabilitation eine Erklärung abzugeben und darin vom eigenen Standpunkt abzuweichen
  • Verstärkung der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) wegen öffentlichem Interesse an aktuell andauernder #metoo-Debatte

Rechtsanwalt Dr. Marcel Leeser: „Unsere Mandantin hat sich in jeder Hinsicht korrekt verhalten. Dies bestätigt nun auch das OLG Köln. Wenn man eine andere Person öffentlich beschuldigt, ist Vorsicht geboten. Im Ausnahmefall kann selbst eine verbreitete Wahrheit wegen hoher Pranger-Wirkung rechtswidrig sein. Unsere Mandantin, die selbst Anwältin ist, hat indes die gebotene Zurückhaltung an den Tag gelegt und darf daher weiterhin in dieser Form darüber sprechen, was ihr geschehen ist.“

Rechtsanwalt Dr. René Rosenau: „Wir haben diese Entscheidung so erwartet und freuen uns mit unserer Mandantin hierüber. Dem Täter empfehlen wir nun eine aufrichtige statt einer vorgespielten Selbstreflexion.“