OLG Köln: Identifizierung von Sedlmayr-Mörder ist rechtswidrig.

Der Sedlmayr-Mord gilt als einer der spektakulärsten Mordfälle in der bundesdeutschen Kriminalgeschichte. Zwei Männer, die dem Opfer nahe standen, wurden in einem Indizienprozess wegen Mordes verurteilt. Sie bestreiten jedoch bis zum heutigen Tag eine Beteiligung.

In einem zivilrechtlichen Verfahren machte einer der Verurteilten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem damaligen Prozess geltend. Dies nahm die Bild-Zeitung zum Anlass, erneut grausame Details aus der Tatnacht von über 20 Jahren zu schildern. Dazu veröffentlichte sie ein Foto eines der sog. Sedlmayr-Mörder und nannte dessen vollen Namen. Nachdem bereits das Landgericht Köln die Berichterstattung verboten hatte (Az: 28 O 120/16), wies nun das OLG Köln die von der Bild-Zeitung eingelegte Berufung zurück und bestätigte damit das Verbot (Urt. v. 22.06.2017, Az: 15 U 171/16, n.rkr.).

Das OLG Köln stellt in seinem Urteil klar, dass das Führen eines zivilrechtlichen Rechtsstreits keinen Freibrief für die Bild-Zeitung darstelle, den Betroffenen nochmals so konkret mit der Tat in Verbindung zu bringen. Im Urteil betonte es die besondere Bedeutung seines Rechts auf Resozialisierung:

„Zugunsten des Klägers ist zunächst der erhebliche Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht sowie sein nach den konkreten Umständen hohes Resozialisierungsinteresse zu berücksichtigen. Er hat seine Haftstrafe verbüßt, wurde im Jahre 2008 auf Bewährung entlassen und hat seither sämtliche Bewährungsauflagen erfüllt. Durch seine namentliche Nennung im streitgegenständlichen Beitrag wird die Tat als solche und seine Täterschaft bei den Rezipienten wieder in Erinnerung gerufen. Weiter wird sie solchen Rezipienten unter Namensnennung neu vermittelt, die - aufgrund ihres Alters - die frühere Prozessberichterstattung über den Kläger noch nicht verfolgen konnten oder verfolgt haben. Schließlich ergibt sich eine Vertiefung der Beeinträchtigung des Klägers daraus, dass es die Berichterstattung nicht allein bei seiner Identifizierung belässt, sondern darüber hinaus Einzelheiten der damaligen Tat wiedergibt („blutüberströmt, „mit Messerstichen und Hammerschlägen zu Tode gequält“), die den Kläger in der öffentlichen Wahrnehmung weiter stigmatisieren.“

Einem verurteilten Straftäter dürfe, so der Senat, nach Abbüßung seiner Strafe der Weg in ein geregeltes soziales Leben nicht versperrt werden. Daher stelle das Führen eines zivilrechtlichen Prozesses auch keine „Selbstöffnung“ gegenüber der Öffentlichkeit dar:

„Würde allein das Führen eines Prozesses, der keinen hinreichend Bezug zur früheren Straftat des Betroffenen aufweist und die damit verbundene, möglicherweise auch durch die Gerichte oder den Prozessbevollmächtigten verursachte öffentliche Aufmerksamkeit dazu führen, dass weiterhin identifizierend über die damalige Verurteilung berichtet werden darf, besteht die Gefahr, dass der Betroffene faktisch von der Geltendmachung solcher Rechtsbehelfe abgehalten wird, die letztlich auch seinem Resozialisierungsinteresse dienen können.“